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Fragen, Antworten und Argumente zur Kampagne „Jobkiller Electrolux – ich kaufe nix“

erstellt von Pedro zuletzt verändert: 18.08.2008 11:30
Nachfolgende Argumentationshilfe greift einige der wichtigsten Aspekte und typische Einwände in Frageform auf, der jeweils unsere Argumente gegenübergestellt sind.

Jobkiller Electrolux - Ich kaufe nix

Fragen und Antworten zum Electrolux-Boykott

**Wer weiß schon, welche Produkte Electrolux herstellt. Warum wird nicht nur die AEG boykottiert?**

Die Marke AEG ist nur eines der vielen Label für im Konzern hergestellten Geräte. Allein in Nürnberg werden Geräte der Marken AEG, Zanker, Zanussi und Electrolux hergestellt; aber auch die "Waschmaschine von Quelle, Marke Matura, und der Quelle-Privileg-Geschirrspüler" (BR-Vorsitzender Harald Dix; NN 22.12.2005). Ein Boykott von AEG würde zu kurz greifen. Der notwendige ökonomische Druck läßt sich nur erzielen, wenn der Konzern insgesamt für seine Kahlschlagspolitik zur Verantwortung gezogen wird. Außerdem könnte Electrolux auf einen AEG Boykott leicht mit erpresserischen Entlassungen im letzten AEG Werk in Deutschland in Rothenburg reagieren.

**Gefährdet ein Boykott von Electrolux nicht trotzdem die Jobs in Rothenburg?**

Das ist ein gezielt gestreutes Gerücht, dass von interessierten Kreisen immer wieder aufgewärmt wird. Es wird aber auch durch ständige Wiederholung nicht stichhaltiger. Die tatsächlichen Zusammenhänge hat Rainer Kretschmer, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der AEG aus Rothenburg im Artikel „Eine Kettenreaktion – Wenn das AEG-Herz stillsteht, stirbt auch Rothenburg“ der Nürnberger Nachrichten vom 10.10.2005 aufgezeigt: *"Wenn die Zentrale in Nürnberg fällt, kippt Rothenburg zeitverzögert hinterher."* Um so mehr als in Polen derzeit ein neues Werk für Einbauherde hochgezogen wird, dass 2007 einsatzbereit sein soll.

Mit einem Boykott schadet man sich am Ende doch nur selbst und die Entlassungen kommen noch schneller und massiver als sie eh schon geplant waren, oder nicht?

Dieses Argument läßt sich natürlich genauso gut auf Streiks anwenden. Übrigens sind ja auch Streiks nichts anderes als ein Boykott der Beschäftigten, die gemeinsam für eine bestimmte Zeit dem Arbeitgeber ihre Arbeitskraft verweigern. Deshalb verwenden wir manchmal auch den Begriff Käuferstreik für den Verbraucherboykott. Arbeitsplätze, die nachdem erklärten Willen von Electrolux wegfallen sollen, kann man durch Gegenwehr nicht gefährden. Genau das Gegenteil ist richtig. Wenn der Konzern auf keinen Widerstand stößt, wird er seine Kahlschlagpläne ungestört und schnell durchziehen. „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, der hat schon verloren“, so heißt es jetzt immer wieder bei Streiks der AEG'ler.

Warum fangt ihr nicht erst mal klein an in der Region Mittelfranken, sondern sprecht von einer internationalen Kampagne?

Weil Electrolux angekündigt hat, über die Hälfte seiner Werke in Westeuropa zu schließen. Selbst den Werken in Ungarn oder Polen, wohin zur Zeit noch die Produktion verlagert wird, wird schon gedroht, dass die Kosten zu hoch seien. Wir glauben auch nicht, dass Nürnberg der Nabel der Welt ist. Den Beschäftigten bei Electrolux/Fuenmayor in La Rioja, Spanien, Florenz in Italien und Torsvik in Schweden, für das am 12. Dezember mit der Verkündung der Schließung von AEG in Nürnberg die Überprüfung des Standortes angekündigt wurde, geht es doch nichts anders. Man mag internationale Solidarität für eine Utopie halten, wir denken sie ist im Zeitalter der Globalisierung notwendiger denn je zuvor.

Warum wollt ihr ausgerechnet Electrolux boykottieren?

Electrolux steht beispielhaft für die nur noch am Profit ausgerichtete Kahlschlagpolitk globaler Konzerne. Das bedeutet Massenentlassungen, Werksschließungen und Verlagerungen in „gewerksschaftsfreie“ Zonen, um die Löhne immer weiter zu senken und die Profite grenzenlos zu erhöhen. Allein in Westeuropa will Electrolux in den nächsten Jahren 13 von 20 Werken schließen. Dagegen gibt es Widerstand, zur Zeit insbesondere im AEG-Stammwerk in Nürnberg. Es gab aber auch schon am 21.Oktober 2005 einen internationalen Aktionstag der Europäische Metallgewerkschaftsbund. Dies war unseres Wissens nach übrigens der erste länderübergreifende Aktionstag außerhalb der großen Auotokonzerne. Diesen Widerstand gilt es jetzt von außen durch einen Boykott zu unterstützen.

Das bringt doch nichts. Die Konkurrenten sind doch auch nicht besser. Also ich verstehe nicht, was ein Boykott gegen eine Firma bringen soll?

Na ja, wenn deine Waschmaschine kaputt geht, wirst du dir wohl eine neue holen. Es macht also keinen Sinn, alle Hersteller gleichzeitig zu boykottieren. Natürlich ist die Konkurrenz keinen Deut sozialer eingestellt oder weniger profitgierig. Aus dieser Tatsache folgt doch nicht, dass man nichts machen kann. Wenn wir durch einen Verbraucherboykott die aktuellen und zukünftigen Streiks und Kämpfe der Beschäftigten von Electrolux unterstützen, können wir die Kahlschlagpläne dieses Konzern stoppen oder zumindest verzögern oder abschwächen. Wenn das gelingt, wäre das ein sehr wirksames Signal an alle globalen Konzerne, dass sie ihre Pläne zur Profitoptimierung nicht mehr so einfach umsetzen können. Du suchst dir also einen Konzern aus und machst ihm klar, nicht mit uns. Dann werden alle anderen es sich zweimal überlegen, ob sie die nächsten sein wollen, die das Label Jobkiller bekommen.

**Vielleicht könnt ihr Electrolux stoppen. Aber eine gerechtere und sozialere Welt werdet ihr damit auch nicht erreichen.**

Natürlich kann eine einzelne Kampagne nicht die ganze Welt verändern. Das Sozialforum Nürnberg sagt, dass eine andere, sozialere und gerechte Welt möglich und nötig ist. Wir wollen eine Wirtschaftsordnung, die den Bedürfnissen der Menschen dient und nicht wie heute, wo sich alle menschliche Bedürfnisse der Profitjagd unterordnen müssen. Diesem Ziel können wir aber nur näherkommen, wenn es uns gelingt, die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse grundlegend zu verändern. Da kann eine Kampagne, die das neo-liberale Kahlschlagsprogramm des Jobkillers Electrolux angeht, ein erster Schritt sein, dem viele weitere folgen werden.

**Wieso nennt ihr Electrolux eine Jobkiller? Der Konzern reagiert doch nur auf die Schnäppchenjagd der Verbraucher.**

Es gibt in einzelnen Länder tatsächlich stagnierende oder sogar leicht sinkende Preise für Haushaltsgroßgeräte. Aber dieser Preisverfall wird durch die gestiegene Produktivität mehr als ausgeglichen. Das zeigt sich u.a. auch am im Geschäftsjahr 2005 weiter gestiegenen Gewinn von Electrolux.

**Die Löhne in Polen sind aber viel niedriger als in Deutschland. Das kann ein Unternehmen nicht ignorieren. Schließlich muss es Gewinn machen, sonst wird es pleite gehen.**

Electrolux macht dicke Gewinne. Das reicht seinen Eigentümern, der schwedischen Milliadärsfamilie um Jacob Wallenberg aber nicht. Sie wollen noch mehr Profit sehen, um so die Kriegskasse aufzufüllen für den Kampf um das Weltmarktmonopol gegen das konkurrierende Kapital des US-Konzerns Whirlpool. Eine ausführliche Darstellung mit Quellen dazu steht im Artikel Geiz ist geil und Lügen haben kurze Beine - Die wahre Geschichte über den angekündigten Tod der AEG

Allgemeine Informationen zum Mittel des Konsumentenboykotts

Was ist ein Boykott?

Boykotts sind ein Mittel, um Konzerne für ihr Vorgehen gegen Beschäftigte, Konsumenten, Minderheiten, die Umwelt verantwortlich zu machen. Boykott wird definiert als die gemeinsame, konzentrierte Weigerung irgendetwas mit der boykottierten Firma zu tun zu haben, gewöhnlich als Ausdruck der Ablehnung oder um die Zustimmung zu bestimmten Forderungen zu erzwingen.

Wer kann boykottieren?

Jeder Verbraucher kann aktiv mitmachen. In dieser Möglichkeit liegt gerade das enorme Drohpotential und Druckmittel eines Boykotts. Die Verbraucher stimmen mit ihrer Brieftasche ab. Das ist gelebte Demokratie und ganz einfach zu verwirklichen.

Was soll ein Boykott bringen, das juckt die Konzerne doch gar nicht?

Hierbei handelt es sich um einen leider noch weit verbreiteten Irrtum. Eine Greenpeace Boykott-Kampagne zwang 1995 Shell auf die geplante Versenkung der Ölplattform Brent Spar zu verzichten und führte darüber hinaus zu einer Änderung der Firmenpolitik.

Nehmen Manager Boykotts überhaupt ernst?

Allerdings. Heute geben Top-Konzerne Millionen aus, um in der Öffentlichkeit ein soziales und ethisches Image zu erlangen. Betsy Geld, stellte schon 1995 in dem Artikel „More boycotts ahead? Some implications. Consumer boycotts“ (Stehen mehr Boykotts bevor? Einige Auswirkungen von Konsumentenboykotts) fest: „Der Grundgedanke dieses Artikels ist, dass Boykotts zunehmend ein Faktor im amerikanischen Marketing darstellen werden, da immer mehr Verbraucher immer häufiger sich weigern werden ein gebrandmarktes Produkt oder eine ganze Produktgruppe zu kaufen, um einige soziale Ziele zu erreichen. Wenn dieser Trend anhält, dann werden sich die Geschäftspraktiken potentieller Boykottziele verändern müssen, mit größten Konsequenzen für Marketing Manager der Unternehmen, die mögliche Boykottziele sind.“ (Betsy Geld in ` Business Horizons' , Vol. 38; No. 2; März 1995, S. 70; Übersetzung von uns)

Sind Boykotts eine neue Idee?

Das Mittel Boykott wird seit Jahrhunderten erfolgreich verwendet. Zwei Beispiele sind: Der Auftakt für die amerikanische Unabhängigkeit war ein Boykott englischer Waren durch die Siedler in Boston, Philadelphia und New York im Jahre 1765. Der von Dr. Martin Luther Junior angezettelte Boykott der öffentlichen Verkehrsmittel in Montgomery, Alabama in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts war die Geburtsstunde der Bürgerrechtsbewegung und brachte letztlich den Farbigen in den USA die rechtliche Gleichstellung.

**Verändert das Internet Boykottstrategien?**

Da die Wirksamkeit eines Boykotts von der Masse der Teilnehmenden abhängt und der Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, die dadurch erlangt wird, macht das Internet die Boykotttaktik um ein vielfaches wirksamer. Wirksame Kampagnen können durch eine begrenzte Anzahl AktivistInnen mit minimalen Mittel in kürzester Zeit losgetreten werden.

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