21.1.2006: Andrang bei Infostand
erstellt von dave
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zuletzt verändert:
22.08.2008 09:05
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Auch am Samstag, 21.1.06 gab es einen Info und Boykottunterschriftensammelstand an der Lorenzkirche. Trotz Wind und Költe gab es nach etwas verhaltenem Beginn einen regelrechgten Andrang. Am Stand und auf den Klemmbrettern der im weiteren Umfeld sammelnden AktivistInnen unterschrieben allein an diesem Tag schätzungsweise ca. 1000 Menschen. Bemerkenswert war die hohe Informierteheit der Leute, die an den Stand kamen. Viele äusserten ihre Unterstützung für den Boykott auch ausdrücklich deshalb, weil sie prinzipiell gegen diese Praxis der Multis protestieren wollen, immer wieder dahin mit ganzen Firmen weiterzuwandern, wo sie meinen, am billigsten zu produzieren zu können. So wird die Produktion aus Polen bestimmt in 5 Jahren weiter in noch billigere Länder verlagert, wenn sich in Polen die Löhne an westeuropäisches Niveau angeglichen haben. Das ist einfach ein übles Spiel auf Kosten tausender von Menschen. Hier, in Polen, Italien, Spanien und überall auf der Welt. Geht allerdings nur, soölange sich Belegschaften gegeneinander ausspielen lassen. Dass die Menschen diese Praxis durchschaut haben und nun anwachsend massenhaft nicht mehr mitmachen wollen, scheint eine neue Qualität zu haben. Es soll allen anderen, die ähnliches vorhaben eine Warnung sein: wer für schnellen Profit tausenden von Menschen, ganzen Regionen die Grundlage entzieht, bekommt Ärger. Zudem sie sich damit selbst ins Knie schiessen: wer soll denn den Kram noch kaufen, wenn nicht die Menschen in den Hochlohnländern? Wenn die kein Geld mehr haben, werden sie auch keine neuen Waschmaschinen mehr kaufen...
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Ich mache jetzt seit über 20 Jahren linke Politik und habe schon viele Flugblätter verteilt und Infotische gemacht. Aber so etwas wie heute habe ich noch nie erlebt. Es ist nicht nur die riesige Zahl von Menschen, die unterschreiben, sondern die enorm vielen und positiven Reaktionen, die mir Mut geben. Ich bin kein einziges mal blöd angemacht worden und auch die übliche Reaktion, da kann man doch eh nichts machen, kam realtiv selten. Typisch war dagegen, dass Leute mich mit Zettel wahrnehmen und schnell an mir vorbeihasten. Ich habe dann meinen Standardspruch aufgesagt: Wir sammeln Unterschriften für den Boykott gegen Electrolux, damit die AEG nicht geschlossen wird. Immer wieder ist es mir passiert, dass Leute zurückkamen, die schon an mir vorbei waren und sagten: Ja klar, da mache ich auch mit. Dafür unterschreibe ich. Teilweise bilden sich Gruppen, die geduldig warteten bis sie unterschreiben konnten. Ich denke inzwischen, dass die Boykottkampagne einen Nerv bei den Leuten trifft. Viele sind inzwischen so sauer über die Unverschämheit der großen Konzerne und Arbeitsplatzvernichter, dass sie was machen wollen. Bemerkenswert ist, dass keine offen rassistischen Kommentare gab und auch der Standortchauvinismus weniger ausgeprägt war, als ich vorher vermutet hätte. Die Leute sind natürlich keine Linken, aber es scheint so etwas wie ein diffsues Bewußtsein über den Kapitalismus zu geben, dass sich an diesem Tag darin äußert, dass man etwa gegen die Konzerne machen muss. Die Unterschriften gehen querbeet durch die Bevölkerung, von der 16-jährigen Schülerin, Azubis, StudentInnen über Arbeiter und Angestellte, die häufig von eigenen Erfahrungen mit Entlassungen erzählen, RentnerInnen, auch viele Hausfrauen und Mütter unterschreiben. Selbst Leute, von denen man es nie vermuten würde, unterschreiben, wie Professoren, Selbständige und ein jüngerer CSU'ler, der meinte, dass sie mit dem Sozialforum sonst ja über Kreuz lägen, aber hier würde er trotzdem unterschreiben. Wir einigten uns dann darauf, dass er seine Parteifunktion weglässt. Besonders gefreut habe ich mich über den Drucker, mit dem ich 5 Minuten über den großen Streik zur Durchsetzung der 35 Stunden Woche Mitte der 80er Jahre unterhielt und der bedauerte, dass es die kämpferische IG Druck heute nicht mehr gibt. Na ja, was nicht mehr ist, kann ja wieder werden, wenn wir es selbst in die Hand nehmen. In diesem Sinne: **"Electrolux ordentlich verprügeln"** (Zitat Jürgen Wechseler) und sammelt kräftig weiter UnterstützerInnen für den Boykott.
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Sorry, was ich noch vergessen habe zu sagen: Es war ganz einfach Unterschriften zu sammeln, auch wenn man weiter weg vom Infostand und sozusagen allein gewesen ist. Vielleicht probiert ihr es einfach mal aus. Druckt euch ein, zwei, drei Listen aus dem Internet aus und lauft einmal durch die Fußgängerzone oder stellt euch 10 Minuten vor den Supermarkt, die Bushaltestelle oder wo auch sonst immer viele Menschen sind. Auch wenn es am Anfang ein bißchen Überwindung kostet, sprecht einfach die Leute an und ihr werdet sehen, dass die Listen in kürzester Zeit voll werden.
Auf Basis von Ploneboard