Joure Fix der Gewerkschaftslinken Hamburg zum AEG-Buch
Zum 47. Joure Fix der Hamburger Gewerkschaftslinken versammelten sich über 20 Leute. Hauptthema des Abends war der Kampf bei der AEG in Nürnberg und die dabei gesammelten Erfahrungen. Bevor wir uns der Frage zuwandten, wie man erfolgreich gegen Werksschließungen und Massenentlassungen kämpfen kann, ging es in der aktuellen halben Stunde nochmals um die Demonstration am 28. März unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise“. Neben persönlichen Eindrücken und der Einschätzung des Erfolgs der Mobilisierung, spielte auch der völlig überzogene und unprovozierte Polizeieinsatz gegen die Demo eine Rolle in zahlreichen Wortmeldungen.
Wir hatten diesmal die Präsentation zur AEG aufgrund der vorhergehenden Veranstaltungen überarbeitet und uns auf einige inhaltliche Aspekte anstelle der Darstellung der Chronologie der Auseinandersetzung konzentriert. Zur Auflockerung wurden zwischendurch auch einzelne Passagen aus den Interviews verlesen.
Nach einer Stunde fing die Diskussion an, die ein erfreulich hohes Niveau hatte. Einige der Anwesenden hatten bereits das Buch gelesen und alle waren aufmerksam dem Vortrag gefolgt. Da wir kurz den erfolgreichen Kampf der Eisenbahner in der Officina in Bellizona, Schweiz erwähnt hatten, ging der Moderator zunächst nochmal etwas ausführlicher auf diese wichtige Streikerfahrung aus dem Frühjahr 2008 ein. Danach gab es zunächst zahlreiche Verständnis- und Rückfragen zu einzelnen Aspekten des Vortrages.
In der ausführlichen Diskussion wurden viele Themen aufgeworfen. Zwei Aspekte möchten wir herausgreifen. Eine Kollegin, die auch manchmal zu den Gewerkschaftslinken kommt, berichtete von ihren Schwierigkeiten im Betrieb eine oppositionelle Vernetzung auf die Beine zu stellen. Die Gewerkschaft blockt solche Ansätze von der Basis her immer wieder ab. Ihrer Meinung nach reicht es nicht aus, wenn die (Gewerkschafts)linke bei den KollegInnen im Betrieb nur Aufklärung betreibt. Stattdessen müsse die Linke es als ihre Aufgabe sehen, den KollegInnen ganz praktische Unterstützung zu geben.
Aus der mehrfach gestellten Frage, ob es den Druckwächter noch heute gibt, entspann sich eine wichtige Diskussion. Wie können wir es erreichen, dass nach verlorenen Streiks etwas übrigbleibt und nicht wie z.B. bei der AEG nur „verbrannte AktivistInnen“ die Folge von Kämpfen sind, die durch den Gewerkschaftsapparat abgewürgt werden? Jemand schlug vor, dass man jetzt nach einigen Jahren nochmals Interviews macht, um zu sehen, wie die AktivistInnen von damals heute den Kampf reflektieren. Im kleineren Kreis haben wir dann andiskutiert, was die Linke jenseits der Mitgliedschaft in einzelnen Gruppen für betroffene KollegInnen anbieten müsste, die in Streiks aktiv werden und die die mit einer einschneidenden Niederlage verbundenen Emotionen nicht mit Hilfe eines politischen Bewusstseins verarbeiten können? Ein wichtiger Aspekt von Betriebsarbeit unter den heutigen Bedingungen, der sicher weiter vertieft werden sollte.
Ein schönes Feedback zum Buch gab ein Kollege, der die im Publikum aufgeworfene Frage beantwortete, ob denn der Workshop im Buch tatsächlich stattgefunden habe oder eine Fiktion sei? Er führte aus, dass er das Buch von hinten gelesen habe. Zunächst habe er die „Dunkle Seite der Macht gelesen“. Da sei es ihm ganz anders geworden und er habe auch Angst bekommen, weil das zeigt, was die Kapitalisten gegen uns aufbieten. So wie wir das bei der aktuellen Stunde über den Polizeieinsatz auf der Demo diskutiert haben. Dann habe er den „Workshop“ gelesen. Den Text fand er Klasse, das sei sozusagen die positive Seite, eine Antwort auf die Repression durch die Kapitalisten und ihren Staat gewesen. Tja, und dann habe er die Interviews gelesen und da sei er in der Realität angekommen. Da habe er verstanden, dass der Workshop eine Utopie ist, wie es einmal laufen könnte.