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Wo ist der Lernprozess beim Betriebsrat von AEG und bei der IG-Metallführung in Nürnberg geblieben?

erstellt von AEG zuletzt verändert: 16.08.2008 17:28
Soli-Brief an die AEG-KollegInnen von Udo Paulus, GEW Hildesheim, Lehrer i.R., vom 23.12.05

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

viele der Beschäftigten bei AEG Nürnberg – Elektrolux – haben offenbar längst erkannt, dass den Bossen am Verhandlungstisch nichts mehr abzuringen ist. Ihre Entschlossenheit, den Verantwortlichen bei Elektrolux entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen, verdient die uneingeschränkte solidarische Unterstützung aller GewerkschafterInnen. Co-Management hat in der Zeit der Systemkonkurrenz wohl noch Erfolge gezeitigt. In der brutalen Strategie des Klassenkampfes von oben helfen wohl nur noch entschiedene Kampfmaßnahmen der Betroffenen und ihrer Gewerkschaft. Einigen Funktionären im Betriebsrat und der IG-Metallführung muss dies erst noch bewusst gemacht werden. Statt nach Wegen zu suchen, wie der notwendige entschiedene Widerstand der Betroffenen im Kampf um ihre existenzsichernden Arbeitsplätze bedingungslos unterstützt werden kann, sinnen sie – so lese ich in den Medien - nach Wegen, wie der Widerstand wieder auf für das Management und führende Politiker freundlichere Wege kanalisiert werden kann, mit dem Ziel, dass sie die brutale Liquidierung ihrer Lebensgrundlage, der Arbeitsplätze bei AEG, ohne umfassende Gegenwehr schlucken.

Als Gewerkschaftskollege fordere ich die IG-Metall Nürnberg und den Betriebsrat auf, sich mit den Betroffenen innerhalb und außerhalb des Betriebes uneingeschränkt zu solidarisieren.

Gewerkschaftliche Kreativität ist geboten, neue Formen der Unterstützung sogenannt „illegal Streikender“ zu finden, z.B. Unterstützungsfonds außerhalb gewerkschaftlicher Strukturen einzurichten, die dann größzügig aus den Kassen der Gewerkschaft gefüllt werden. Es muss doch Wege geben, die kämpfenden KollegInnen nicht im Regen stehen zu lassen, während die Kapitalseite Gelder in Massen verschiebt, die die KollegInnen erarbeitet haben.

Schon 1980 hatte der damalige IG-Metall-Bezirksleiter Willi Bleicher gewarnt: *"Eines weiß ich, dass alles härter wird, viel, viel härter, und Zeiten kommen werden, wo sie uns nicht nur die Butter vom Brot nehmen wollen, sondern auch ein Stück des Brotes, das wir bisher hatten, vorausgesetzt, diese Arbeiterschaft verharrt in ihrem gegenwärtigen Zustand."* Und an die Adresse der Leitungen in Gewerkschaften und Betriebsräten:*"Sie begreifen noch nicht die diesem System innewohnende Anarchie. Sie begreifen noch nicht, dass der Grundwiderspruch in diesem kapitalistischen System einfach nicht aufgelöst werden kann. Und sie hoffen immer noch, dass ein paar Milliarden Investitionshilfe hier und dort die Dinge regulierbarer machen. Natürlich, das ist auch ein Lernprozess."* Wo ist der Lernprozess beim Betriebsrat von AEG und bei der IG-Metallführung in Nürnberg geblieben.

Aufgabe der Gewerkschaften vor Ort muss doch sein, Solidarität weit über den Betrieb hinaus zu entwickeln. Wer der im Grundgesetz verlangten Sozialpflicht des Eigentum nicht nachkommt, setzt sich ins Unrecht. Wo Elektrolux die Sozialpflichtigkeit ihres Privateigentums an Produktionsmitteln verletzt, wird Widerstand zur Pflicht!

Wenn ich mich recht erinnere, haben Gewerkschaftsprogramme nach wie vor die Vergesellschaftung der Produktionsmittel als zentrale Forderung nicht gestrichen. Es ist längst Zeit, sie wieder in den Forderungskatalog ganz nach vorne zu rücken. Ob AEG-Elektrolux in Nürnberg, Telekom in Wiesbaden, Gate-Goumet in Düsseldorf, Conti in Hannover, Opel in Bochum...: Die Kapitaleigner haben überall ihre Unfähigkeit bewiesen, die Produktion im Interesse der beteiligten Menschen zu lenken.

Also keine falsche Zurückhaltung! Euer Widerstand hat die Verfassung auf seiner Seite, solange sie noch gilt!

Mit solidarischem Gruß und der Bitte um Weiterleitung an die Betroffenen Udo Paulus, GEW Hildesheim, Lehrer i.R.

Dieser Brief wurde zuerst veröffentlicht auf labpournet.de

(1) Kommentare

Anonymer Benutzer 28.12.2005 12:53
"Ob AEG-Elektrolux in Nürnberg, Telekom in Wiesbaden, Gate-Goumet in Düsseldorf, Conti in Hannover, Opel in Bochum...: Die Kapitaleigner haben überall ihre Unfähigkeit bewiesen, die Produktion im Interesse der beteiligten Menschen zu lenken."

Werter Kollege,

in der Marktwirtschaft oder im Kapitalismus ist es noch nie darum gegangen,
"die Produktion im Interesse der beteiligten Menschen zu lenken."

Deshalb ist dein Vorwurf, die Manager seien unfähig, daneben.

Sie leisten nämlich das Nötige und vielleicht noch etwas mehr für den Zweck, für den sie engagiert sind. Das sind sie mämlich von den Eigentümern für ihren Zweck: aus Geld mehr Geld zu machen.
Und nicht von den Beschäftigten für deren Zweck: Der zählt nämlich überhaupt nichts in der Welt des Kapitals!

Die Idylle, die du dir in deinem Kopf zurechtlegst, existiert in der realen Welt nicht. Sie taugt deshalb auch nicht zu einer Erklärung der Sache. Die stimmige Erklärung ist aber wichtig für die, die schlecht abschneiden in diesem Laden. Sie ist nämlich Voraussetzung für richtige Schritte zur Verwirklichung der eigenen Zwecke!

Aus deiner Erklärung folgt: Bessere Manager und alles wird gut.

Aus meiner: Die gültigen Zwecke sind systematisch schädlich für die normalen Leute.