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“Auch als Minijobberin kann man Widerstand leisten”

erstellt von djh zuletzt verändert: 30.03.2012 18:48
Interview mit Tanja (26), Minijobberin in einer DJH-Jugendherberge, über die Probleme der Jugendherbergs-Beschäftigten und den erfolgreichen Kampf dagegen
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Tanja, Du arbeitest als geringfügig Beschäftigte in einer Jugendherberge. Erzähl uns über den Betrieb und Deine Arbeit dort.

Ich bin seit fünf Jahren als Minijobberin auf 400-Euro-Basis für die Jugendherberge tätig, zunächst einige Jahre saisonweise und seit gut zwei Jahren mit unbefristetem Vertrag. Ich habe damals als Küchenhilfe angefangen (spülen, Essensräume vorbereiten und abräumen, Kartoffeln schälen usw.), zwischenzeitlich habe ich auch mal als Reinigungskraft gearbeitet. Jetzt mache ich im wesentlichen wieder Küchenhilfe und Rezeption (Gäste einchecken, Telefon bedienen, usw.), vor allem im Spätdienst, wenn sonst niemand vom Personal mehr im Haus ist.

Wie viele Beschäftigte arbeiten in Deinem Betrieb?

Die Zahl schwankte in den letzten Jahren rund um 10 bis 15 Angestellte, wobei nur wenige - etwa drei bis vier - Vollzeitkräfte sind, inklusive der Herbergsleitung. Früher gab es noch die Zivis, die auch Vollzeit gearbeitet haben. Die gibt es jetzt nicht mehr und werden auch nicht durch neues Personal ersetzt. Insgesamt ist die Tendenz hin zu mehr geringfügig Beschäftigten und unbezahlten Praktikanten, die mal für einen Monat kommen. Der Personalstand ist extrem knapp bemessen, aber dazu sage ich später noch mehr.

Ist Dein Betrieb eigenständig oder gehört er zu einem Unternehmen?

Die Jugendherberge, in der ich arbeite, gehört zum Deutschen Jugendherbergswerk (DJH). Dabei handelt es sich um einen “gemeinnützigen Verband”, also einen Verein. Das DJH ist in 14 Landesverbände aufgegliedert. Mein direkter Arbeitgeber ist nicht die Jugendherberge selbst, sondern der Landesverband, zu dem sie gehört. Insgesamt arbeiten im DJH deutschlandweit rund 5.500 hauptamtlich Beschäftigte. Hinzu kommen 900 Ehrenamtliche. Dass es diese Ehrenamtlichen und dass es vereinsmäßige Strukturen mit Ortsverbänden usw. gibt, habe ich allerdings auch erst kürzlich im Internet gelesen. Davon bekommt man bei der Arbeit garnichts mit. Im Internet habe ich auch gelesen, dass an der Spitze der Landesverbände Mitgliederversammlungen stehen. Das scheinen aber eher Honoratiorenveranstaltungen zu sein, wo Bürgermeister, Landräte und Präsidenten von Kegelvereinen sich treffen. Bei der Arbeit selber kommt es einem eher so vor wie in einer Kette von Low-Budget-Hotels: Da gehts drum, dass der Laden möglichst viel Profit abwirft und hin und wieder kommt jemand vom Landesverband zur Kontrolle vorbei. Besonders skurril fand ich es, als einmal ein Team von DJH-Kontrolleuren die Sauberkeit des Hauses kontrolliert hat. Die sind in die Zimmer rein, haben die Matratzen hochgehoben und drunter Fotos gemacht...

Kennen sich die Beschäftigten aus den verschiedenen DJH-Herbergen?

Nein. Ich kenne keinen. Nur die Herbergsleiter kennen sich untereinander. Teilweise kennen sich je nach Schichtzuteilung die Angestellten derselben Herberge kaum. Ich bin im Spätdienst meistens allein oder allenfalls mal mit zwei von den anderen zehn zusammen. Die anderen KollegInnen kenne ich nur, weil ich früher als Reinigungskraft in der Frühschicht gearbeitet habe. Das erschwert es natürlich erheblich, sich untereinander über Probleme am Arbeitsplatz auszutauschen. Insgesamt sind das prima Bedingungen, um die Angestellten gegeneinander auszuspielen. Aber dazu auch später mehr.

Ihr habt in diesem gemeinnützigen Verband tatsächlich Probleme am Arbeitsplatz?

Oh ja. Das geht schon bei den Arbeitsverträgen los. Da hat jeder seinen ganz individuellen, je nachdem, wie weit er sich über den Tisch ziehen lässt. Manche haben Sonntags- und Nachtzuschläge, manche nicht, z.B. wir Minijobber früher. Jeder hat ganz unterschiedlichen Anspruch auf freie Tage im Monat. Und beim Lohn sieht es ebenso aus. Eine gelernte Köchin, die mal bei uns gearbeitet hat, verdiente in der Stunde etwa genau so viel wie wir ungelernten Hilfskräfte. Das größte Problem ist aber die wachsende Einsparung von Personalkosten. Früher gab es immer vier bis sechs Zivis als Vollzeitkräfte, die auch eingearbeitet waren. Die sind jetzt gestrichen und das verbliebene Personal muss alles auffangen. Zwar gibt es jetzt den Bundesfreiwilligendienst als Ersatz, was auch Ausbeutung ist, und hin und wieder haben wir mal Praktikanten für einen Monat, die aber eben nicht eingearbeitet sind. Die Situation hat sich insgesamt deutlich verschlechtert. Das Personal ist so knapp, dass mehr oder weniger alles zusammenbricht, wenn mal einer in der Hauptsaison krank wird. Das erzeugt bei allen einen enormen Druck. Häufig kommen KollegInnen zur Arbeit, obwohl sie krank sind. Ein Extremfall war, als eine frühere Herbergsmutter eine Kollegin so unter Druck gesetzt hat, dass sie mit Magen-Darm-Grippe gearbeitet hat – und das in der Küche! Das heißt, sie wurde von der Chefin zu einer Straftat gezwungen!

Von der Herbergsleiterin?

Ja. Man muss überhaupt feststellen, dass in diesem kleinen Betrieb sehr viel mit persönlichem Druck gearbeitet wird. Man kommt sich manchmal vor wie auf einem Gutshof, wo der Herbergsleiter machen kann, was er will und die anderen sind die Leibeigenen. Es wird mit Zuckerbrot und Peitsche gearbeitet: Einerseits gibt es Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke für alle von der Herbergsleitung und es wird auf pseudo-familiär gemacht. Auf der anderen Seite wird mit dieser Masche auch eingefordert, dass man auf seine Rechte doch bitte freiwillig verzichten möchte – nach dem Motto: “Sicher gibt es Arbeitsgesetze, aber im Moment ist halt viel zu tun und wir müssen doch alle an einem Strang ziehen.” Dann werden Minijobber dazu gezwungen, Überstunden zu machen, Vollzeitler arbeiten mehr als 10 Stunden am Stück, Angestellte werden in den Frühdienst (ab 7.00 Uhr) gesteckt, obwohl sie abends zuvor Spätdienst (bis 23.30 Uhr) gemacht haben (“Sie können auch gerne hier übernachten!”), man kommt krank zur Arbeit usw. Ist natürlich alles eigentlich verboten. Zieht man nicht mit am Strang, ist man schnell unten durch, wird gemobbt und die Herbergsleitung hetzt die Kollegen gegen einen auf (“Sie können sich bei xy bedanken, dass Sie das jetzt machen müssen, denn der hat sich gesträubt”). Eine frühere Herbergsleiterin, die ganz offensichtlich psychisch krank war und teilweise Gäste rassistisch beschimpft hat, hat dieses Vorgehen ganz besonders auf die Spitze getrieben: Sie hat u.a. Kolleginnen vor anderen Angestellten und vor Gästen als “billige Hausfrauen” und “Loser” bezeichnet und über einen Zivi, der sich mal gewehrt hat, gemutmaßt, “was man wohl mit so jemandem in den 30er Jahren gemacht hätte”. Eben mit der Selbstherrlichkeit einer Gutsherrin.

Wie reagieren die Beschäftigten auf diese Probleme?

Über lange Zeit haben wir uns sehr viel gefallen lassen und sind auf das eben beschriebene Spiel eingegangen. Wir sind kurzfristig eingesprungen und haben Überstunden gemacht, “nicht für die Chefin, aber für die anderen Kollegen”. Aber letztlich nützt man damit eben nicht den Kollegen, sondern nur dem Gewinn des Betriebs und man ermöglicht es der Geschäftsleitung, das Spiel mit den Personalkosten immer weiterzutreiben. Viele haben natürlich auch Angst, entweder um ihren Job oder einfach vor der direkten Konfrontation. Wir haben die Faust in der Tasche geballt oder hinter vorgehaltener Hand miteinander über die Situation gemeckert, haben uns aber lange nicht wirklich zur Wehr gesetzt. Viele von den Minijobbern haben in den letzten Jahren schnell wieder gekündigt und sich was Neues gesucht. Bei den Voll- und Teilzeitlern wuchsen immer mehr die Frustration und der Ärger. Erst in den letzten Monaten hat sich ein bißchen was verändert.

Was hat sich verändert?

Wir haben angefangen, auch mal “Nein” zu sagen und uns zu weigern, weitere Mehrarbeit auf uns zu nehmen. Das fing an bei den Reinigungskräften, die zwei Monate lang nachmittags nochmal zur Arbeit gekommen sind, um die Toiletten ein zweites Mal zu putzen. Je nach Schichteinteilung bedeutete das, dass man als 400-Euro-Kraft zweimal am Tag zur Arbeit gekommen ist: Einmal für drei Stunden und dann nachmittags nochmal für eine Stunde! Die Kolleginnen sind dann irgendwann zur Herbergsleitung gegangen und haben gesagt, dass nach den zwei Monaten Schluss damit sei.

Wie war die Reaktion der Herbergsleitung?

Mittlerweile war die alte Chefin weg und durch eine neue ersetzt, die erstmal wohl auf Zeit spielen wollte und sagte, man könne sich in ein paar Wochen nochmal darüber unterhalten. Sie hat gleichzeitig bei den anderen Kollegen Stimmung gegen die Reinigungskräfte gemacht und das auch bei mir versucht. Ich hab gesagt, dass ich das ebenfalls nicht machen werde, dass ich die Arbeit mache, die in meiner Schicht ansteht und die ich innerhalb dieser Schicht schaffe und dass ich nicht bereit bin, abends länger zu bleiben. Wir haben gleichzeitig begonnen, uns untereinander mehr auszutauschen, auch außerhalb der Arbeit häufiger zu telefonieren und uns abzusprechen. Wir waren uns sofort einig, dass Schluss sein muss mit dem Spiel, dass wir uns gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben lassen und dass sich jetzt eben jeder weigern muss, diese Extra-Arbeit zu machen. Wir haben auch angefangen, mit den anderen Kollegen darüber zu sprechen.

Wie ist die Sache ausgegangen?

Bis heute wird nachmittags keine Toilette mehr geputzt. Aber es sind noch ein paar andere Sachen geschehen. Da war zum Beispiel die Abschiedsfeier der alten Chefin (der eben beschriebenen Rassistin). Sie hatte eine Angestellte des Betriebs zwei Jahre lang gemobbt und psychisch fertiggemacht (und auch noch andere, die teilweise schon gekündigt haben). Zu ihrer Abschiedsfeier hatte sie alle Angestellten zu sich nach Hause eingeladen – bis auf ebendiese Angestellte, die sie zur letzten Demütigung für diesen Tag in den Spätdienst gesetzt hatte (den sie sonst nie gemacht hat). Meine Kolleginnen und ich hatten telefonisch miteinander besprochen, dass wir die Feier der Chefin mit möglichst vielen boykottieren müssen und stattdessen unsere Kollegin im Spätdienst besuchen und gemeinsam Pizza essen. Das haben wir dann auch gemacht. Unsere Kollegin hat sich über diesen Solidaritätsbesuch sehr gefreut, das merkte man. Bei der alten Chefin waren dann nur ein paar Angestellte und die Botschaft unserer Aktion ist wohl angekommen.

Zeitgleich ist noch etwas passiert: Ich habe als Minijobberin einen 50-Stunden-Vertrag (50 Stunden pro Monat). In der Vergangenheit habe ich öfters in der Hauptsaison Überstunden gemacht und diese dann in den ruhigeren Monaten abgefeiert. In dem Monat, in dem die Herbergsleitung gewechselt hat, wurde ich gefragt, ob ich prinzipiell bereit sei, “ein paar” Überstunden zu machen. Ich habe nicht sofort prinzipiell widersprochen – offenbar ein Fehler! Wir bekamen den Dienstplan in diesem Monat nur wochenweise und in der vorletzten Woche sah ich, dass ich kurzfristig für insgesamt 60 (!) Überstunden eingeteilt worden war. Also hätte ich mehr als doppelt soviel gearbeitet wie in meinem Vertrag steht! Mein erster spontaner Protest wurde mit dem Satz abgetan: “Ist halt viel zu tun. Sie können ja vielleicht ein paarmal eine Stunde eher gehen.” Ich beriet mich dann mit anderen und wir überlegten uns gemeinsam, dass ich nach Ableisten meiner regulären Stunden einfach “den Lappen hinschmeißen” sollte. Konkret sah das so aus, dass ich an dem Abend des Soli-Pizzaessens ein entsprechendes Schreiben auf den Schreibtisch der Chefin legte und in den nächsten sieben Tagen telefonisch nicht mehr zu erreichen war. Das war gerade an einem Wochenende, als das Haus total überbelegt war...

Mussten Deine Kollegen Dein Fernbleiben nicht ausbaden?

Vor allem musste es unsere Chefin ausbaden, die in den nächsten Tagen selbst das Frühstück ausgeben musste. Einige Kollegen, denen wir vertraut haben, hatten wir vorher informiert und davon überzeugt, dass es richtig sei, wenn ich mich weigere, weiter Überstunden zu machen. Sie haben das auch in der Regel verstanden, auch wenn sie in diesen Tagen mehr zu tun hatten.

Wie war die Reaktion der Geschäftsleitung?

Ehrlich gesagt hatten wir eingeplant, dass ich fristlos gekündigt werde und versuche, mich wieder reinzuklagen. Offenbar hat aber die Herbergsleitung schnell begriffen, dass ich mich in diesem speziellen Fall auf geltendes Arbeitsrecht berufen konnte – was ja keineswegs selbstverständlich ist, denn normalerweise hat man als Arbeitnehmerin ja das Recht gegen sich. Die neue Leiterin hat dann als erstes versucht, mich bei den anderen schlechtzumachen, erhielt aber als Antwort von allen nur die Aussage, dass ich seit Jahren korrekt meine Arbeit machen würde und deshalb nicht mehr gekommen bin, weil ich für zu viele Überstunden eingeteilt war. Es haben sich noch ein, zwei mehr Kollegen geweigert, kleinere Extra-Arbeiten in der kommenden Zeit zu machen. Und das zusammen mit der Weigerung der Reinigungskräfte hat der neuen Geschäftsleitung gezeigt, dass sie es mit einer renitenten Belegschaft zu tun hat. Sie hat sich also zusammengenommen und mir, als ich nach einer Woche anrief, um den Dienstplan für den nächsten Monat zu erfragen, nur ganz zurückhaltend gesagt, dass sie mein Fernbleiben “nicht so toll” fand und überhaupt müsse man ja mehr miteinander kommunizieren. Das Gespräch endete damit, dass ich durchgesetzt habe, dass meine künftigen Dienstzeiten jeweils am Ende des Vormonats mit mir durchgesprochen werden und dass ich in Zukunft höchstens 10 Überstunden pro Monat mache, wenn ich dazu bereit bin.

Wie ist es danach weitergegangen? Ihr habt doch auch um Sonn- und Feiertagszuschläge gekämpft?

Ja, richtig. Wir haben irgendwann mit ein paar KollegInnen gemerkt, dass auch wir MinijobberInnen einen Anspruch auf Sonn- und Feiertagszuschläge haben – weil die anderen Angestellten die ja auch bekommen. Uns hat man an Sonn- und Feiertagen ja gerade eingesetzt, um die Zuschläge zu sparen! Und das ist nicht legal. Wir haben dann versucht, mit unserer Chefin darüber zu sprechen. Erst sind wir individuell zu ihr hin und sie hat uns vertröstet. Dann sind wir mal in unserer Freizeit zu mehreren hoch und haben das Gespräch mit ihr gesucht. Die Dame war so verunsichert, als sie uns kommen sah – sie wusste wohl, weshalb wir kamen – dass sie sich erstmal eine Viertelstunde in einem anderen Gebäudeteil versteckt hat. Als sie sich dann etwas gesammelt hatte und zu uns kam und wir sie auf die Zuschläge ansprachen, blockte sie uns mit der Masche ab, sie habe erstens keine Zeit und wir sollten zweitens wenn überhaupt einzeln zu ihr kommen. Das war natürlich total durchsichtig und wir haben das abgelehnt. Etwas später sind wir nochmal zusammen hoch und haben sie auf die entsprechenden Gesetze hingewiesen, die wir ausgedruckt dabei hatten. Sie ist mit hochrotem Kopf sofort wieder verschwunden. Etwas später hat sie mir ganz hinterhältig per Einschreiben eine Notiz in meine Personalakte wegen der verweigerten Überstunden zugestellt. Abmahnen konnte sie mich wegen der mittlerweile verstrichenen Monate ja nicht mehr. Aber einschüchtern wollte sie mich wohl. Ich gehe davon aus, dass die Sache nach Absprachen mit dem Landesverband gelaufen ist. Natürlich habe ich mich nicht einschüchtern lassen. Auch andere nicht. Wir haben in der nächsten Zeit alle keine Überstunden mehr gemacht. Müssen wir ja auch nicht. Als nach einiger Zeit klar war, dass unsere Chefin das Personal nicht mehr in den Griff bekommen würde und kurzfristig vom Landesverband in eine andere Filiale versetzt wurde, hat die neue Herbergsleitung uns gegenüber zugegeben, dass wir Anspruch auf Sonn- und Feiertagszuschläge haben und diese sind auch endlich eingeführt worden. Man muss nur hartnäckig bleiben und darf sich nicht verunsichern lassen!

Was denkst Du, kann man aus dieser Erfahrung allgemeines mitnehmen?

Erstmal haben die letzten Monate gezeigt, dass es möglich ist, eine Stimmung, die eher von Einschüchterung geprägt ist und davon, den Druck unter den Kollegen gegenseitig auf sich abzuwälzen, herumgedreht werden kann – selbst innerhalb kurzer Zeit und unter relativ ungünstigen Bedingungen - und man ein gewisses Klima des Widerstands erzeugen kann. Dafür war es, glaube ich, das Wichtigste, soviel wie möglich miteinander zu reden und zu zeigen, dass man auch mal bereit ist, ernst zu machen. Die Aussage “Ich könnte eigentlich nach 50 Stunden den Lappen fallenlassen” kam nämlich schon häufig von Kollegen, nur tatsächlich gemacht hatte es noch niemand. Jetzt haben andere gesehen, dass ich das einfach mal gemacht habe und damit durchgekommen bin – ich bin nicht gefeuert worden, ganz im Gegenteil: Ich habe in der Folge kaum noch Überstunden machen müssen. Die Sonn- und Feiertagszuschläge haben wir durch unsere Hartnäckigkeit am Ende durchgesetzt. Und die Reinigungskräfte kommen nach wie vor nicht mehr nachmittags.

Ich habe schon häufiger von Bekannten gehört, dass es in vielen Firmen bei Minijobs gang und gebe ist, dass die ohnehin schon arbeitgeberfreundlichen Gesetze gebrochen werden: Viele Minijobber bekommen kein Krankengeld und keinen bezahlten Urlaub und wissen vielfach garnicht, dass sie darauf Anspruch haben. Viele werden ganz selbstverständlich zu Überstunden gezwungen und können diese noch nicht einmal abbauen. Hier ist es doch ein erster Schritt, sich genau zu informieren und mit anderen betroffenen KollegInnen darüber zu reden und gemeinsam zu überlegen, was man machen kann. Auch als Leiharbeiter oder als Geringfügiger im Kleinstbetrieb kann man so anfangen, Widerstand zu entwickeln.

Umso besser, wenn es die Möglichkeit gibt, diese Erfahrungen öffentlich zu machen und auch andere damit zu ermutigen. Im DJH Rheinland gibt es mehr als dreißig Herbergen: Höchste Zeit, dass auch die KollegInnen in den anderen Filialen anfangen, sich zur Wehr zu setzen!

(Name von der Redaktion geändert)

(5) Kommentare

Anonymer Benutzer 12.03.2012 12:27
Gerade zu dem Nachmittags noch mal für eine Stunde arbeiten kommen um die Toiletten zu reinigen kann ich was sagen weil ich davon persönlich betroffen war.
Abgesehen das sich das ganze Theater mit den Nachmittagen schon von den Fahrkosten (im schlimmsten Fall nämlich 2x täglich) nicht rechnete, teilweise haben wir von den Kosten her noch drauf gezahlt, hat es sich vom Aufwand schon gar nicht gelohnt. Für 1 Stunde Toiletten reinigen waren wir 1 Stunde hin- und zurück unterwegs.
Wenn man also einen Vollzeitjob hat und dort 8 Stunden arbeitet, nimmt man dann 8 Stunden Hin- und Rückfahrt in Kauf? Wohl kaum!!
Zu den Zuschlägen kann ich sagen, es ist kein Geheimis das gerade die Minijobber um eben die Sonn- und Feiertagszuschläge nicht zahlen zu müssen an diesen Tagen zum Dienst eingeteilt werden.
Dies ist für die Festangestellten nicht schön, die nämlich zu ihrem eh nicht so üppigen Gehahlt um die für sie lohnenden Zuschläge gebracht werden und die Minijobber können für "Nüsse" die Wochenenden und Feiertage arbeiten ohne irgendeinen Ausgleich dafür zu bekommen.
Zum Thema Herbergsleitung kommen mir eigentlich nur die Tränen.
Bei der ersten wurde man beschimpft, gemobbt, beleidigt, bedroht und erpresst, O.K. sie hatte auch manchmal gute Tage und man konnte in Ruhe arbeiten, die zweite hat einfach alles ausgesessen. Die von ihr gerne angepriesene Kommunikation mit dem Team verpuffte in der Praxis ziemlich schnell. Entweder war der Zeitpunkt ungünstig, oder sie bat sich Bedenkzeit aus (Wochenlange!!!), oder sie hat es einfach ausgesessen.
Oder hat die Verantwortung gleich ganz abgegeben indem sie das Team bat die Dinge doch unter sich zu regeln.
Ich wünsche dem ganzen Team das jetzt ein neuer frischer Wind weht und es Spaß macht dort zu arbeiten. Denn bei allen Sanktionen sollte man nicht vergessen, nur wem die Arbeit Spaß macht, nur wer seinen Job auch gerne macht kann gut und erfolgreich sein. Auch die Gäste merken die Stimmung im Haus, es spiegelt sich in allen Bereichen wieder.
Anonymer Benutzer 15.03.2012 18:11
Super Seite! Bei uns gibts auch keine Zuschlaege aber hauptsache die Chefin kauft ne Playstation fuer die Schueler...
Anonymer Benutzer 16.03.2012 13:30
Bei uns arbeiten am Wochenende und an den Feiertagen fast nur Minijobber damit die Zuschläge nicht bezahlt werden müssen. Und das die Kollegen gegeneinander ausgespielt werden ist an der Tagesordnung.
Anonymer Benutzer 16.03.2012 15:07
Macht Ihr denn schon was dagegen? Mal im Kollegenkreis essen gehen und drueber reden, wie man sich wehren kann?
Anonymer Benutzer 20.06.2018 23:14
Aucz in meinem Bundesland wird nur der Mindestlohn gezahlt. Unabhängig davon wie lange man dem Unternehmen angehört und welche Verantwortung man in seiner Postiion trägt. Zulagen für Nacht- oder Wochenendarbeit werden ebenfalls nicht gezahlt. Nach der Eröffnung des Hauses waren wir für zwei Jahre durchgeheend beschäftigt, danach schickte man uns über den Winter für fünf Monate nach Hause. Jetzt sind es "nur" noch vier Monate. Gehaltserhöhungen sind ausgeschlossen! Jedes Jahr gibt es einen neuen befristeten Vertrag. Dann heißt es den zu akzeptieren oder zu gehen. Uns fehlt neues Personal! Das wird wahrscheinlich bewußt eingespart und so werden die noch vorhandenen Mitarbeiter regelrecht verheizt! Was dann durchaus gesundheitliche Folgen für die Betroffenen hat - Burn Out oder ähnliche Erschöpfungszustände oder psychische Probleme. Es ist uns bekannt, aber leider nicht beweißbar, daß die Herbergsleiter am wirtschaftlichen Erfolg der Jugendherbergen beteilligt sind. Unser Personal wurde zwischenzeitlich fast vollständig ausgetauscht, da viele ehemaligen Kollegen das nicht mehr mitmachen wollten. Schade, denn es ist eigentlich ein toller Job, aber jetzt wird es Zeit zu gehen.