Drohende Entlassungen und Lohndumping bei Karstadt-Quelle
Sehr geehrter Herr Bundesminister,
das Unternehmen Karstadt-Quelle droht bei seiner Tochterfirma Quelle/Neckermann-Management Service am Standort Nürnberg/Fürth mit Massenentlassungen, das Unternehmen will die Arbeitsplätze in den Osten verlagern. Konernchef Thomas Middelhoff will mit dieser Drohung erreichen, dass die Beschäftigten, die Angst um ihre Arbeitsplätze haben, für weniger als die Hälfte des Lohnes bei längerer Arbeitszeit und weniger Urlaub dieselben Tätigkeiten wie bisher verrichten.
**630 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des bisherigen Service-Centers sollen entlassen und dann bei einer neuen Firma eingestellt werden, bei der sie dann - bei gleicher Tätigkeit als Produktberater und Hotline für Verbraucherfragen allerdings statt bisher 2300 € brutto nurmehr weniger als die Hälfte (!), nämlich 1100 € brutto an Einkommen beziehen sollen. Außerdem ist im Gespräch nur noch Teilzeitarbeitsverhältnisse anzubieten, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld sollen in der neuen Firma entfallen, die Arbeitszeit aber auf 42 Wochenstunden erhöht werden und der Urlaub auf 4 Wochen gekürzt werden**.
Von dem verbleibenden Einkommen können die Beschäftigten schlicht und einfach nicht leben.
Dieses Verhalten der Unternehmensleitung ist völlig inakzeptabel, nur an kurzfristigen Profitinteressen orientiert und nach meiner Überzeugung schlicht und einfach unanständig. Die Beschäftigten sind nicht für die wirtschaftliche Krise im Unternehmen verantwortlich. Es ist Aufgabe der Konzernmanager durch unternehmerisches Handeln dafür zu sorgen, dass das Unternehmen wieder wettbewerbsfähig wird. Unternehmerisches Handeln kann sich aber nicht darin erschöpfen, den Beschäftigten mit massiven Lohnkürzungen zu drohen. Verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln bezieht die Interessen der Beschäftigten in seine strategischen Überlegungen mit ein, Unternehmen haben auf Dauer nur Erfolg, wenn sie sich auch gegenüber den Menschen, die im Unternehmen arbeiten fair verhalten und sie als echten Partner in die Zukunftsüberlegungen mit einbeziehen.
Auf einer Protestkundgebung am vergangenen Donnerstag wurde das Verhalten des Konzerns scharf verurteilt. Nicht nur von der Gewerkschaft ver.di, die die Interessen der Beschäftigten vertritt, sondern auch vom Fürther Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung.
Auch ich bin der Meinung, dass das Verhalten des Managements "zynisch und eines Unternehmens am Gründungsstandort von Gustav und Grete Schickedanz nicht würdig ist."
Das Verhalten des Managements ist gerade angesichts der stolzen Gewinne, die der Konzern erwirtschaftet, nicht nachvollziehbar. Damit die Mehrheitseigentümerin des Konzerns, Madeleine Schickedanz, in der Rangliste der "reichsten Deutschen" noch weiter nach oben rückt, sollen die Beschäftigten zu ärmeren Deutschen werden ...
Sehr geehrter Herr Bunderminister,
die Beschäftigten von Quelle brauchen ihre Unterstützung. Es geht vor allem darum, der Konzernleitung deutlich zu vermitteln, dass es bei den anstehenden Verhandlungen um die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns geht aber gleichzeitig auch um ein existenzsicherndes Einkommen der Menschen, die im Konzern arbeiten.
Dieser Vorgang macht wiederum deutlich, wie dringend notwendig ein Mindestlohn ist und wie es weiterer politischer Anstrengungen bedarf, die Lohndrückerei in unserem Land zu unterbinden.
Die Gewerkschaft ver.di und der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang D. Staudt, haben bei der Kundgebung am 05. April in meiner Gegenwart die Politik gebeten, sich in diesen Konflikt einzuschalten. Als Nürnberger Bundestagsabgeordneter bitte ich Dich ebenfalls, alles im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu tun, um die Arbeitsplätze mit einem für die Arbeitnehmerseite akzeptablen Ergebnis am Standort Nürnberg/Fürth zu erhalten.
Für Deine Bemühungen danke ich vorab ganz herzlich!
Mit freundlichen Grüßen
Martin Burkert MdB