Wahlkampf mit Rechtsdrall

In Nürnberg kämpfte ein Betriebsrat gegen ver.di - mit Informationen der »Anti-Antifa«

  • Von Haidy Damm
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Ein nicht-gewerkschaftlicher UPS-Betriebsrat diffamierte die dortige ver.di-Liste als »linksextrem«. Und das mit Erfolg.

Betriebsratswahlen bringen manchmal seltsame Konstellationen hervor. So nutzte der Betriebsratsvorsitzende der Nürnberger UPS-Niederlassung, Tobias Dede, zur Wahl Anfang März Neonazi-Quellen, um die konkurrierende Betriebsgruppe von ver.di als linksextrem zu diffamieren. Ein mehrseitiges Flugblatt greift die Betriebsgruppe an und bedient sich dabei der Internetseiten der Nürnberger Anti-Antifa. Jetzt hat das Internetportal Labournet die Vorgänge veröffentlicht. Dede selbst distanziert sich in dem achtseitigen Flugblatt formal, indem er immer wieder auf seine politische Objektivität hinweist, während er versucht, seinen möglichen Wählern die Wahrheit zwischen der angeblich linksextremistischen Betriebsgruppe und der Recherche der Naziseiten zu präsentieren. »Und zum Abschluss eine Klarstellung: Wir nutzen die sehr detaillierten Recherchen auf der zitierten rechtsextremen Website. Nahezu alles, was wir überprüften und überprüfen konnten, stimmte bis ins Detail. (...) Wir verfolgen keine politische Ideologie, sondern machen pragmatische Betriebsratsarbeit zum Wohle des Betriebes und der Mitarbeiter.« Gleichzeitig fordert er seine Kollegen auf, selbst die Seiten der »Anti-Antifa«, für ihn eine sichere Informationsquelle, zu besuchen. Sprachlich vermag Dede sich nicht so klar zu distanzieren. So verwendet er gerne den gleichen Jargon, der auch in der rechtsextremistischen Propaganda zu finden ist. In einem Kollegen hätten »manche schon länger einen verkappten Altkommunisten« gesehen, »der schon immer mit einem roten Fünfzack-T-Shirt auflief, dem Symbol vieler antikapitalistischer Linksextremer«. Die »Anti-Antifa Nürnberg« ist ein Zusammenschluss von Neonazis, die vermeintliche und tatsächliche AntifaschistInnen öffentlich angreift. Opfer solcher Veröffentlichungen, denen in der Vergangenheit mehrfach rechtsextremistische Anschläge folgten, waren in der Nürnberger Region unter anderem bereits liberale Lehrer, Journalisten, antifaschistische Jugendliche und eben engagierte Gewerkschafter. Organisatorisch ist die »Anti-Antifa Nürnberg« nach Angaben des Antifaschistischen Archivs München (AIDA) der mittlerweile verbotenen Kameradschaft »Fränkische Aktionsfront« (FAF) zuzuordnen, auf deren Homepage sie ihre Artikel publizierte. Seitdem betreibt die »Anti-Antifa« eine eigenständige Homepage. Ein Solidaritätskreis ruft auf Labournet nun zu Protesten auf: »Gewerkschafter sind bei UPS schon einiges gewohnt. Mit der Zusammenarbeit mit Neonazis wurde allerdings eine weitere Grenze überschritten, die keine Firma, kein Kollege zu überschreiten hat. Jede Zusammenarbeit mit solchen Kräften verbietet sich, nicht nur, aber gerade in Deutschland.« Schlechte Arbeitsbedingungen und Schikanen gegen Gewerkschafter sind bei UPS nichts Neues. Betriebsräte für die rund 14 000 Beschäftigten in Deutschland gibt es in weniger als einem Drittel der über 70 deutschen Betriebe. Nur in einem stellt eine Gewerkschaftsliste die Mehrheit in der Mitarbeitervertretung. In Nürnberg ist die Wahl für die gewerkschaftliche Liste »Gemeinsam!« denn auch nicht gut ausgegangen. Sie verlor einen Sitz gegenüber dem Vorjahr. Dagegen konnte die Liste um den Betriebsratsvorsitzenden Dede sich halten. Dass sie sich der rechtsextremen Anti-Anti...

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