Dass Nazis ihre politischen Gegner outen und damit politischen Druck und Angst zu erzeugen suchen, ist nicht neu. Auch dass die radikale Rechte dazu auf das Internet zurück greift, ist bekannt. Für fünf aktive Gewerkschafter aus dem Raum Nürnberg war es dennoch eine böse Überraschung, als sie sich auf einer rechtsradikalen Homepage wiederfanden - mit Fotos, teils Adressen, privaten Details und politischen Lebensläufen.
»Wir sind für die Nazis interessant, weil wir kritische Basis-Gewerkschaftsarbeit machen. Die Nazis setzen aktuell auf die Anti-Hartz-Karte und geben sich sozial. Da stört sie engagierte Betriebsarbeit besonders«, vermutet Dave Hollis, einer der von der Aktion Betroffenen. Tatsächlich gab es wiederholt rechte Kundgebungen in ganz Franken zum Thema Sozialabbau und Hartz IV. Wer nicht genau hinhörte, hätte glauben können, auf einer Veranstaltung der Sozialforen zu sein. Nur in Nebensätzen wurden rassistische Phrasen laut. Auch wenn man sich durch die Internetseite klickt, die nun gegen die Gewerkschafter hetzt, finden sich doch Meldungen und Flugblätter zur Agitation, die man genau lesen muss, um zwischen den Zeilen zu entdecken: Hier geht es um »deutsche Arbeit für Deutsche«.
»Die Rechten sind erstaunlich gut informiert, im Gegensatz zu früheren Veröffentlichungen gibt sich die Seite einen seriösen Touch und ist professionell gemacht«, bilanzieren die Gewerkschafter. Keine Beleidigungen, kein Aufruf zur Gewalt - die Autoren scheinen das Medienrecht studiert zu haben. Dennoch kam es in der Vergangenheit nach ähnlichen Outing-Aktionen nicht nur zu Sachbeschädigungen, daher sind die Gewerkschafter wenig begeistert. Die Zuträger der Internetseite haben ganz offenbar Montagsdemonstrationen, Anti-Nazi-Kundgebungen und viele andere Aktivitäten beobachtet und fotografiert. Der betriebene Aufwand verwundert weniger, wenn man weiß, dass Franken über eine der aktivsten »Anti-Antifas« verfügt, über rechte Aktivisten also, die Linke ausspitzeln und Dateien über sie anlegen.
Interessant wird der aktuelle Fall durch die mögliche Verbindung der Homepagebetreiber zur verbotenen »Fränkischen Aktionsfront« (F.A.F.). Wohl nicht umsonst findet sich allenthalben der Verweis: »Die FAF ist mit Wirkung vom 22. Januar 2004 vom bayerischen Innenminister verboten worden und auf Grund dessen nicht erreichbar. Informieren Sie sich hier über staatliche Repression und polizeiliche Vorgehensweisen.« Doch auch zahlreiche Prozesse gegen Rechtsextreme in den letzten Jahren haben personelle Verquickungen nahe gelegt.
Ein weiterer Grund, dass »Die Kommenden« gerade jetzt mit dem Thema linke Gewerkschafter aufwarten, könnte ein Aufmarsch sein, den die NPD für den ersten Mai in Nürnberg angekündigt hat, um ihn in den »Tag der nationalen Arbeit« umzudeuten. Antifaschistische Gruppen mobilisieren bereits zu Gegenaktivitäten. Und da liegt es für die Rechten offenbar nahe, Autonome und kritische Gewerkschafter an den Pranger zu stellen - Stadtteilladen-Besucher wie Sven Röser, Gewerkschafter wie Natale Fontana oder Macher einer linken Gewerkschaftswebseite wie Dave Hollis, der kürzlich einen alternativen Medienpreis erhielt. Die wollen sich nun öffentlich zur Wehr setzen und dagegen klagen.