Hausdurchsuchung bei Inhaber der Domain wikileaks.de [Update]

"Verbreitung pornographischer Schriften" wird dem Inhaber der deutschen Domain für die Site vorgeworfen, die als Sammelstelle für meist geheime Dokumente dient. Möglicherweise ist die Veröffentlichung der australischen Kinderporno-Sperrliste der Auslöser.

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Von
  • Jürgen Kuri

Am gestrigen Dienstagabend fand beim Inhaber der Domain wikileaks.de eine Hausdurchsuchung statt. Die sächsische Polizei gab laut der Dokumentation auf Wikileaks als Begründung ein Verfahren wegen der "Verbreitung pornographischer Schriften" und das "Auffinden von Beweismitteln" in diesem Verfahren an. Weitere Gründe wurden bislang nicht angegeben, es sei folglich nicht vollkommen klar, wieso durchsucht wurde, heißt es bei Wikileaks: "Allerdings hat Wikileaks, in seiner Rolle als Verteidiger von Pressefreiheiten, Zensurlisten aus Australien, Thailand, Dänemark und anderen Ländern publiziert. Diese Listen enthalten unter anderem Links zu pornographischen Seiten."

Seit 2006 dient Wikileaks als Sammelstelle für meist geheime Dokumente. Informanten können hier anonym Dokumente einstellen, die sie veröffentlichenswert halten. Bekannt wurde die Seite, als das Schweizer Bankhaus Julius Baer vor einem Jahr mit einer Klage in Kalifonien gegen Wikileaks vorging und für mehrere Tage lahm legte. Seither wurden auf dem Portal mehrere aufsehenerregende Dokumente veröffentlicht – von den Plänen für das geheime Anti-Piraterie-Abkommen ACTA bis zu den Internet-Filterlisten mehrerer Staaten. Allerdings werden hier auch Dokumente von eher zweifelhafter Qualität veröffentlicht – so finden sich auf der Webseite auch höchstwahrscheinlich gefälschte Dokumente zum Gesundheitszustand von Steve Jobs. Wikileaks.de ist eine der Domains, unter der die Dokumente veröffentlicht werden; der Domaininhaber tritt nach eigenen Angaben lediglich als Sponsor der Domain für Wikileaks auf.

Für Aufsehen sorgte zuletzt die Veröffentlichung der Liste, die angeblich in Australien zur Sperre kinderpornographischer Angebote eingesetzt werden soll. Dadurch wurde die Debatte über Sinn und Unsinn der Sperrtechnik neu entfacht. Gegner der hierzulande unter anderem von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) befürworteten Sperre problematischer Inhalte sehen sich darin bestätigt, dass eine solche Liste unbescholtene Angebote treffen kann. Allerdings enthielt die Sperrliste auch Links zu tatsächlichen kinderpornographischen Angeboten; diese sind nach deutschen Recht bereits strafbar und können so zu dem Verfahren gegen den deutschen Inhaber der Länderdomain wikileaks.de geführt haben. Eine Stellungnahme der für das Verfahren in Sachsen verantwortlichen Stellen steht nach Nachfrage noch aus; die Staatsanwaltschaft bestätigte lediglich die Existenz des Vorgangs.

[Update]:
Mittlerweile erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, die Staatsanwaltschaft habe gegen den Beschuldigten auf einen Hinweis hin "aus dem polizeilichen Bereich, der einen Anfangstatverdacht begründete, ein Ermittlungsverfahren wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften eingeleitet und eine richterliche Eilanordnung durch die diensthabende Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Dresden für eine Durchsuchung der Wohnung erwirkt". Die Eilanordnung sei geboten gewesen, "da die infrage kommende Straftat andauerte. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Beschuldigte inzwischen in Jena lebt, wurde die Maßnahme an seiner neuen Anschrift vollzogen".

Weitere Einzelheiten könne man "beim derzeitigen Verfahrensstand" nicht mitteilen, hieß es von der Staatsanwaltschaft weiter. Man gehe beim momentanen Stand des Verfahrens auch davon aus, "dass sich die die Durchsuchung durchführenden Beamten korrekt verhalten haben". (jk)