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Ausgeschlossen von der Gesundheits- Solidarität

by valter posted on 16.08.2008 09:56 last modified 16.08.2008 09:56

Interview mit einem Betroffenen, der aus seiner privaten Krankenversicherung (PKV) ausgeschlossen wurde, der weder von ihr noch von einer gesetzlichen Krankenkasse versichert wird, weil er bereits über 55 Jahre alt ist.

*Um dem aus der Gemeinschaft der Versicherungsnehmer privater Krankenversicherungen Ausgeschlossenen nicht alle Chancen zur Rückkehr in eine Krankenversicherung zu verbauen und ihn wieder in das Gesundheitssystem zurückkehren zu lassen, möchte er anonym bleiben. Nennen wir ihn PVN (privater Krankenversicherungsnehmer).*

Netzwerk IT: PVN, wie kam das eigentlich, dass die private Krankenversicherung sie ausgeschlossen hat?

PVN: Kurz gesagt, ist die private Krankenversicherung von dem Vertrag zurückgetreten, weil ich eine Vorerkrankung nicht genannt hatte.

Netzwerk IT: Und warum haben Sie die Vorerkrankung nicht genannt?

PVN: Ich musste vor 2 Jahren die Versicherung aus privaten Gründen wechseln. Damals war ich in einem anderen Krankenversicherungsvertrag, den ich verlassen musste. Ich habe damals schon vergeblich versucht, wieder in eine gesetzliche Krankenkasse zu kommen. Keiner wollte mich, auch wenn ich gut zahlen wollte. Ich habe ja 30 Berufsjahre und war immer versichert, zunächst gesetzlich, später in einer privaten Krankenversicherung.

Der Vertreter hatte mir abgeraten, die Vorerkrankung zu nennen, weil ich sonst riskierte, nicht genommen zu werden. Bei den privaten Krankenversicherungen ist jeder ein Risiko. Solidarität gibt es da nicht.

Netzwerk IT: Warum sind Sie denn in eine private Krankenversicherung gegangen, wenn Sie das wissen.

PVN: Ich habe schon bald jenseits der Versicherungspflicht verdient. Dann gab es familiäre Gründe in eine private Krankenversicherung zu gehen. Ich habe damals nicht erkennen können, dass die privaten Krankenversicherungen keine Solidarität kennen. Das weiß ich erst seit ein paar Jahren, als es zu spät war, den Fehler zu reparieren.

Netzwerk IT: Haben Sie es mal mit einer anderen privaten Krankenversicherung versucht? Worin unterscheiden die sich eigentlich?

PVN: Ich habe nur einmal gewechselt. Habe aber verschiedene Angebote eingeholt, die sich meist in den Leistungen und den Prämien unterscheiden. Doch das ist nur die Oberfläche. Später merkt man dann den Unterschied in den Aufnahmebedingung. Da werden erst die Krankheiten abgeklopft, die man hatte. Je älter man wird, umso mehr kommt halt hinzu und bei den privaten Krankenversicherungen ist jeder ein Risiko, wie ich schon mal sagte.

Netzwerk IT: Ach so, Sie wollten das Aufnahmerisiko vermindern.

PVN: Genau das wollte ich. Ich habe auch die Krankenversicherung nicht mit Medikamentenkosten dieser Vorerkrankung belastet, bis es einmal in einem Rezept kombiniert drauf stand. Da hat die private Krankenversicherung gleich gewusst, was ich nicht genannt hatte.

Netzwerk IT: Und wie ging das weiter?

PVN: Erst kam ein Brief der Krankenversicherung, um den Hausarzt von der Schweigepflicht zu befreien. Das war gerade Urlaubszeit. Weder der Arzt noch ich waren zu hause. Ich war noch nicht zurück, da lag schon der nächste Brief mit der Rücktrittserklärung.

Netzwerk IT: Rücktrittserklärung wie denn das, der Vertrag lief doch schon eine Weile?

PVN: Der Vertrag bestand 2 Jahre. Ich nehme nur an, die Krankenversicherung wollte möglichst massiv auftreten, um für sich die kürzeste Frist und für mich die schlechteste Position zu schaffen. Das ist wie eine fristlose Kündigung.

Wenn ich – wie mit diesem Rücktritt - ohne Versicherungsvertrag bin, ist es besonders schwer, wenn überhaupt möglich, eine Alternative zu finden.

Netzwerk IT: Haben Sie schon einen anderen Vertrag?

PVN: Bis jetzt nicht, weil die meisten privaten Krankenversicherungen in meinem Alter niemanden mehr aufnehmen. Wenn überhaupt werde ich eine sehr teure, wieder private Krankenversicherung finden, vielleicht aber auch nicht. Dann bleibe ich aus der Gemeinschaft der Krankenversicherten ausgeschlossen.

Netzwerk IT: Noch mal zurück zur Rücktrittserklärung. Wie soll man das verstehen nach 2 Jahren Vertragslaufzeit?

PVN: Ehrlich gesagt, ich verstehe das auch nicht. Ich bin auch kein Jurist.

In der Rücktrittserklärung schreibt die Krankenversicherung was von Vertrauen und gegenseitiger Information, um einen Vertrag zu erhalten und Störungen zu beseitigen. Ich habe davon nichts gemerkt, dass sie sich selbst an diesen Maßstäben misst.

Netzwerk IT: Und das ist jetzt das Vertrauen der Krankenversicherung, den Versicherungsnehmer im Regen stehen zu lassen und sich des Risikos vertrauensvoll zu entledigen?

PVN: Ich dachte auch, ein Vertrag beruht auf festen Vereinbarungen, den Leistungen der Versicherung und den von mir dafür pünktlich zu zahlenden, nicht geringen Prämien. Das hatte ich immer getan.

Ich habe dann auch vorgeschlagen, das Risiko der Vorerkrankung aus dem Vertrag zu nehmen und den Versicherungsvertrag so verändert bestehen zu lassen, wie ihn die Versicherung beim Antrag gesehen hatte. Ich hätte dann wenigstens Zeit, aus einem bestehenden Vertrag heraus eine Alternative zu finden.

Netzwerk IT: Und was sagt die Versicherung zu dem Vorschlag?

PVN: Ich habe nach fast 3 Wochen noch keine Antwort. Das auch zum Thema Vertrauen, weil es der privaten Krankenversicherung egal ist, dass ich in einem Schwebezustand bin, in dem ich nicht weiß, ob ich vielleicht doch versichert bin. Ich muss ja davon ausgehen, dass ich wie andere inzwischen auch keine Versicherung habe.

Was ich noch gemacht habe, war ein Widerspruch und eine Information an den Ombudsmann, um Streit zu schlichten und eine Lösung zu finden. Da ist aber auch noch nichts herausgekommen.

Netzwerk IT: Wer könnte hier noch helfen?

PVN: Da sind viele Wege denkbar, Rechtsweg, Petition, Ministerium einschalten. Das am Schnellsten wirkende könnte die Herstellung der Öffentlichkeit mit Nennung der Versicherung sein.

Netzwerk IT: Wenn Sie aber den Rücktritt mit verursacht haben, welche Aussichten haben diese Mittel?

PVN: Ich weiß, dass ich auch einen Fehler gemacht habe. Deshalb kann ich aber doch nicht aus der Solidargemeinschaft ausgeschlossen und diskriminiert werden. Ich will ja nur irgendeine Krankenversicherung. Und auf die Gesundheitsreform will ich nicht warten, mit der das geändert werden soll. Die offenkundige Diskriminierung findet jetzt statt. Vielleicht bewirkt auch schon dieses Interview, dass bei den privaten Krankenversicherungen ein Umdenken einsetzt, dass auch sie die Solidarität wieder entdecken.

Netzwerk IT: Wir vom Netzwerk IT hoffen auch, dass diese krasse Diskriminierung schnell beseitigt wird und werden darüber weiter berichten. Das Antidiskriminierungsgesetz muss angewendet werden! Gut, dass wir die Diskriminierung älterer Arbeitnehmer an ihrem Beispiel einmal genauer besprechen konnten. Vielen Dank und Erfolg.

(5) Kommentare

Anonymer Benutzer 26.09.2008 07:58
Der arme Mann hat die Versicherung betrogen und ist jetzt allein gelassen.... Warum nicht gleich den Beitrag erlassen und die Rechnungen auch so bezahlen, dann hat er bestimmt wieder Vertrauen
Anonymer Benutzer 29.09.2008 14:04
Der sogenannte PVN sagt:"Ich weiß, dass ich auch einen Fehler gemacht habe. Deshalb kann ich aber doch nicht aus der Solidargemeinschaft ausgeschlossen und diskriminiert werden. Ich will ja nur irgendeine Krankenversicherung. "
Diese Haltung ist sehr bedenklich. Er fühlt sich Diffamiert und versteht nicht weshalb er aus der Solidargemeinschaft ausgeschlossen wird.
Offensichtlich hat diese Person keine Bedenken gehabt sich unsolidarisch zu verhalten und bei Antragstellung zu lügen. Jetzt stellt er sich als das arme Würstchen hin und fordert Aufnahme. Mal Hand auf das Herz! Jeder mit einem normalen Rechtsempfinden wird erhebliche Bedenken haben Geschäfte mit jemanden abzuschliessen der unehrlich ist. Umgekehrt muss es auch Saktionen geben wenn jemand die Allgemeinheit zu seinem Vorteil schädigt.

Bevor hier irgendjemand Partei für den "PVN" ergreift sollte er nachdenken. Was hat dieser "PVN" denn gesagt.
1. Er wollte das Aufnahmerisiko vermindern (= sich einen niedrigen Beitrag erschleichen)
2. Es handelt sich um eine aktuelle Erkrankung in deren Dauerbehandlung er sich befindet
3. Er hat mit vollem Bewusstsein dieses Verschwiegen, da er die Medikamente nicht eingereicht hatte.
4. Er hat diesen Betrug 2 Jahre durchgehalten und beschwert sich nun, dass der Vertrag beendet wird.
5. Wieso fordert ausgerechnet so jemand Solidarität ein?
Anonymer Benutzer 08.10.2008 07:16
Ich finde es spannend, wenn sich jemand über mangelnde Solidarität beschwert, wo er gerade sich unsolidarisch und unsozial gezeigt hat. Gilt Solidarität nur für Täter?
Anonymer Benutzer 09.10.2008 23:49
Ich kann es nicht fassen wie selbstgerecht die obigen Kommentare sind! Bei soviel Moralinsäure, nützen keine differenzierten Argument. Nur gut, dass die Kommentatoren über das Schicksal des "PVN" nichts zu entscheiden haben.
Anonymer Benutzer 13.10.2008 15:01
Wer oder was stinkt? Der Unredliche oder der daraufhin weist, das der unredliche selbst schuld ist?
Sind wir in unserer Gesellschaft schon so weit, dass nur noch derjenige schutz geniesst, der lügt und betrügt?
Das hat nichts mit "moralinsäure" zu tun. Würdest du jemanden belohnen, der dich betrogen hat?