BS240305
Vorwort:
Das nachfolgende ergangene Urteil des Arbeitsgerichtes Braunschweig wurde zu einer einstweiligen Verfügung auf Weiterbeschäftigung verkündet. Es ist eine Ergänzung zu dem Gerichtsbericht.
Es wurde die vollständige Wiedergabeform gewählt, weil Ausschnitte oder Zitate einen sinnentstellende neuen Text oder aus dem Zusammenhang gerissenen Vortrag ergeben können. Die Rechtsmittelbelehrung wurde weggelassen. Kommentierung wurden auch deshalb unterlassen, um keine Meinungsbildung vorzuprägen.
Zum Schutz beteiligter und/oder betroffener KollegInnen sind wenige Angaben durch xxxxx ersetzt worden. Die Umsetzung aus der Papierform wurde mit Sorgfalt durchgeführt, doch Fehler sind nicht vollständig auszuschließen. - ENTWURF -
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL 5 Ga 2/05
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
Herr Sven Mxxxx. – Verfügungskläger
Proz.-Bev.: RA Koch
gegen
Braunschweiger Zeitungsverlag Druckhaus A. Limbach GmbH & Co. KG, vertr. d.d. GF P.-J. Lesemann, R. Hlubek und M. Bonn, Hamburger Straße 277, 38114 Braunschweig – Verfügungsbeklagte
Proz.-Bev.: Rechtsanwälte DR. Weberling und Partner
Entscheidungsgründe
A_ Die Verfügungsklage ist unbegründet. Der Verfügungskläger hat keinen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung nach § 102 V BetrVG als Mitarbeiter im kaufmännischen Bereich, Mitarbeiter in der Anzeigenabteilung, Mitarbeiter in der Werbeabteilung, Mitarbeiter in der Rotationsendverarbeitung oder als Trommelführer in der Rotationsendverarbeitung. Die Voraussetzungen des § 102 V BetrVG sind nicht gegeben. Es fehlt an einem ordnungsgemäßen Widerspruch des Betriebsrates.
Der Betriebsrat hat den in Betracht kommenden Tatbestand unter Hinweis auf mindestens einen Widerspruchsgrund in seiner schriftlichen Stellungnahme zu bezeichnen und zu erläutern. Eine Wiederholung des Gesetzeswortlauts allein genügt nicht. Soweit auf das Vorhandensein eines anderen Arbeitsplatzes abgestellt wird, ist dieser Arbeitsplatz zu benennen (Fittig/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmeier, Kommentar zum BetrVG § 102 Rn. 71,22. Aufl.). Dem Betriebsrat ist ein Mindestmaß an konkreter Argumentation abzuverlangen. Der Arbeitsplatz, auf dem der zu kündigende Arbeitnehmer eingesetzt werden können soll, ist in bestimmbarer Weise anzugeben (vgl. BAG v. 17.06.1999 – 2 AZR 608/98 – AP Nr. 11 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung). Dabei muss sich die Darlegung des Betriebsrats am Vortrag des Arbeitsgebers orientieren. Hat der Arbeitgeber seine Auswahl dezidiert mitgeteilt, so gebietet die Konkretisierungspflicht des § 102 III BetrVG einen konkrete Stellungnahme, warum die Auswahlüberlegungen des Arbeitgebers nicht ausreichend sein sollen. Ein ordnungsgemäßer Widerspruch verlangt auch, dass der Betriebsrat schlüssig angibt, welche Arbeitnehmer aus welchen Gründen sozial besser gestellt und daher anstelle des vom Arbeitgeber zur Kündigung vorgesehenen Arbeitnehmers auszuwählen sind, damit der Arbeitgeber sich gegebenenfalls hiernach richten kann (LAG Schleswig-Holstein v. 22.11.1999 – 4 Sa 514/99 – AP Nr. 12 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
I_ Soweit der Betriebsrat in seinem Widerspruch vom 25. Januar 2005 einwendet, der Verfügungskläger sei nicht mit verbleibenden Mitarbeitern der Druckvorstufe (Leitstand, ehemalige Schichtführer) verglichen worden, ebenso wenig mit sechs Mitarbeitern des kaufmännischen Bereichs, mit acht Mitarbeitern der Anzeigenabteilung, mit drei Mitarbeitern der Werbeabteilung, mit fünf Mitarbeitern aus der Rotationsendverarbeitung, deren Betriebszugehörigkeit sämtlichst weniger als zehn Jahre betrage, ist das nicht ausreichend. Es wird nicht mitgeteilt, warum die Auswahlüberlegungen des Arbeitgebers nicht ausreichend sein sollen. Die Verfügungsbeklagte hat in Anhörungsschreibe vom 18. Januar 2005 jeden für vergleichbar gehaltenen Mitarbeiter nebst dessen Sozialdaten namentlich benannt uns ausführlich zur Abwägung der jeweiligen Sozialdaten Stellung genommen. Darüber hinaus hat sie die Spezialkenntnisse der benannten Mitarbeiter im Einzelnen ausgeführt und deren Bedeutung für den Betrieb. Welche konkreten Mitarbeiter der Betriebsrat mit seinem Widerspruch im Auge hat, hat er nicht mitgeteilt. Sie lassen sich auch anhand der Angaben im Widerspruchschreiben nicht festlegen. Ferner ist daraus nicht ersichtlich, inwieweit diese Mitarbeiter überhaupt mit dem Verfügungskläger vergleichbar sein können.
II_ Soweit der Betriebsrat weiter auf die Widerspruchsgründe nach § 102 III Nr. 3 BetrVG abstellt, indem er anführt, in der Rotationsendverarbeitung seien 40 Vollarbeitsplätze, die der Verfügungskläger einnehmen könne, in der Rotationsendverarbeitung seien daneben auch Leiharbeitnehmer und Abrufkräfte tätig, deren Aufgaben von einem Teil der von der Kündigung bedrohten Arbeitnehmer übernommen werden könne, so auch von dem Verfügungskläger, ist auch dies nicht ausreichend konkret. Die Arbeitsplätze werden nicht so genau benannt, dass sie zumindest bestimmbar sind. Die Rotationsendverarbeitung der Verfügungsbeklagten weist verschiedene Arten von Arbeitsplätzen auf. Diese Arbeitsplätze erfordern verschiedene Ausbildungen sowie Fertigkeiten und werden im Rahmen der tariflichen Eingruppierung unterschiedlich bewertet und vergütet. Welche Arbeitsplätze nach Meinung des Betriebsrats von dem Verfügungskläger hier ausgeführt werden könnten, ergibt sich aus dem Widerspruch nicht und lässt sich auch nicht aus dem Zusammenhang feststellen.
III_ Der Hinweis auf eine freie Trommelführerstelle geht ebenfalls fehl. Die Trommelführerstelle ist nach der Stellenausschreibung vom 24. Mai 2005 - Anmerkung: fehlerhaftes Datum muss 2004 sein - vergütet nach der Lohngruppe VI. Der Verfügungskläger ist dagegen eingruppiert in die Tarifgruppe Axxx, die nach übereinstimmender Erklärung der Parteien der Lohngruppe VII entspricht. Auf diesem Arbeitsplatz könnte der Verfügungskläger nur unter geänderten Arbeitsbedingungen tätig werden. Ein solcher anderer freier Arbeitsplatz würde aber nur dann einen Widerspruchsgrund nach § 102 III Nr. 5 BetrVG bilden, wenn der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Das war zum Zeitpunkt des Widerspruchs des Betriebsrats nicht der Fall.
IV_ Der Verweis des Betriebsrats auf die Übung in den letzten Jahren, Schriftsetzer der Druckvorstufe in der Rotationsendverarbeitung einzusetzen oder ihnen Gabelstaplerplätze anzubieten, liegt neben der Sache. Nach § 102 III Nr. 3 oder 4 kann der Widerspruch nur dann begründet sein, wenn tatsächlich ein freier Arbeitsplatz besteht. Dass Gabelstaplerarbeitsplätze bzw. Arbeitsplätze in der Rotationsendverarbeitung frei sind, hat auch der Betriebsrat in seinem Widerspruch nicht ausgeführt.
V_ Auch der Hinweis, es gäbe im BZV vier unbefristete freie Stellen, die die Verfügungsbeklagte dem Betriebsrat im Rahmen der Sozialplanverhandlungen Ende 2004 genannt habe, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Hier teilt der Betriebsrat nicht einmal mit, dass er davon ausgeht, der Verfügungskläger könne diese Stellen tatsächlich ausüben. Auch der bloße Hinweis des Betriebsrats auf weitere fünf aktuelle Stellenausschreibungen per 21. Januar 2005 genügt nicht. Welche der dort ausgeschriebenen Stellen der Betriebsrat für den Verfügungskläger für geeignet hält, teilt er nicht mit. Soweit die Stellenausschreibungen für Mitarbeiter/in im Online-Verkauf gemeint gewesen sein sollte, ist der Widerspruch offensichtlich unbegründet, da der Verfügungskläger dem Anforderungsprofil nicht genügt. Die Verfügungsbeklagte hat in der Stellenausschreibung angeben, einen kaufmännische Ausbildung und einschlägige Erfahrungen im Verkauf/Vertrieb zu erwarten. Diese Voraussetzungen liegen beim Verfügungskläger offensichtlich nicht vor.
Dasselbe gilt für die Stelle im Sekretariat der Lokalredaktion Gifhorn. Hier gibt die Verfügungsbeklagte Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit Outlook, Word, Excel, Powerpoint (bedingt) und Dialog an. Inwieweit diese Kenntnisse bzw. Erfahrungen beim Verfügungskläger vorliegen, der ausgebildete Schriftsetzer ist und seit Beginn der Beschäftigung im Betrieb der Verfügungsbeklagten als solcher tätig, zuletzt mit der Gestaltung von Anzeigen am PC mit QuarkXPress betraut war, behaupten weder der Verfügungskläger noch der Betriebsrat.
Nach alledem ist die Verfügungsklage abzuweisen.