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erstellt von Wolfram Polar zuletzt verändert: 18.08.2008 11:29
02.08.2005 11:30

Termin 02.08.05, 11:30 Uhr: Kammertermin – Betriebsbedingte Kündigungen

RIin Frau Steinke mit den ehrenamtlichen RI Hr. J. Brase und Hr. J. Schuster, 5. Kammer, Sitzungssaal D, ArbG BS

PV/Bekl Dr. Johannes Weberling mit Hr. Teschke (Personal und Recht) für Braunschweiger Zeitungsverlag - Druckhaus A. Limbach GmbH & Co. KG ./. PV/Kl RA Nikolas Koch mit Angelika K. Aktenzeichen: 5 Ca 72/05, Gisela D. Aktenzeichen: 5 Ca 76/05 und der EV 5 Ga 6/05, Monika R.. Aktenzeichen: 5 Ca 66/05, zeitweise 45 Zuhörer im Saal bei den heutigen Kammertermine bis 14:50

Um 12:40 ist die Beratungsphase der Kammer beendet. Es werden alle drei Klägerinnen aufgerufen. Begonnen wird mit Monika R. (5 Ca 66/05). Die Antrage zeigen keine Besonderheiten. Beim Verweis auf den Arbeitsvertrag für die Weiterbeschäftigung wird festgestellt, dass im Arbeitsvertrag vom 1.2.1980 kein Direktionsrecht definiert ist. Dieser Vertrag wurde im Rahmen einer Versetzung 4/1999 aber erweitert. Dabei wurde eine entsprechende Klausel Vertragsbestandteil. Nach der Protokollierung geht die RI im Sachvortrag auf die Sozialauswahl ein und zeigt u.a. als ein Problemfeld den Passus „Vergleichbar, aber unterfordert“ aus der Betriebsratsanhörung auf.

PV rechtfertigt die „Unterforderung“ (= Überqualifizierung?) mit der einfachen Tätigkeit der Vergleichsperson. Es wurde zum Vergleich die gleiche Tarifgruppe herangezogen. Der Arbeitgeber ist hier in einem Spannungsfeld gestanden und hat die Sozialparameter gemäß BAG gewichten müssen. Es war der Konflikt zu Lösen, ob drei Jahre älter oder 9 Jahre mehr Betriebszugehörigkeit eine höhere soziale Schutzbedürftigkeit auslösen. Wir haben die Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter gewichtet, wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat. Es gibt nur diese Parameter neben der Schwerbehinderung. Das Problem der Sozialauswahl ist uns bekannt und bleibt schwierig. Der Arbeitgeber hat hier einen Ermessensspielraum und dieser wurde entsprechend dem BAG von der Bekl ausgelegt. Die Kl ist danach nicht so schutzwürdig und wurde demzufolge gekündigt.

RI: Wo sind die Grenzen des Ermessensspielraumes?

PV: Ab einem Alter von 50 ist es schwieriger Vermittelt zu werden. Deshalb ist man mit 51 noch leichter zu vermittelbar als mit 54.

RI geht noch mal auf die Vergleichbarkeit ein und stellt fest „Vergleichbar ist Vergleichbar“.

RA zeigt auf, dass der Betriebszugehörigkeitsunterschied im Bereich von 15 zu 25 Jahren liegt. Der Altersunterschied aber nur 3 Jahre ausmacht.

PV: Man kann über alles diskutieren. Das BAG hat einen Spielraum eingeräumt und dieser wurde hier durch die Bekl angewendet.

Die RI wechseln nun zum Tätigkeitswegfall durch den Vertrag mit der MSC. Es wird eine Auflage an die Bekl hinsichtlich der Verträge angesprochen.

PV: Haben wird vorgelegt. Dies wird durch den RA bestritten, es soll nur ein Zeuge Hr. Feldmann benannt und der Vertragsabschluß terminiert sein. Im übrigen ist keine Klärung zum Vertragsumfang erfolgt, noch der Vertrag vorgelegt worden.

RI fragt nach Bestätigung, ob der Vertrag erst nach Ausspruch der Kündigung unterzeichnet wurde. Dies wird mit organisatorischen Gründen durch den PV bestätigt bzw. wortreich begründet. Es folgen Fragen zu Aufgaben und Tätigkeiten der Kl. Die RI zeigt Widersprüche in den Schriftsätzen auf. Eine mögliche Weiterbeschäftigung im Sekretariatsbereich wird angesprochen.

RA bestätigt, dass seine Mandantin dort schon tätig war.

RI: Es wurden Sekretariatsstellen ausgeschrieben. Entsprechende Ausschreibungen liegen vor. Es werden noch weitere Stellen angesprochen, die durch die Kl besetzt werden könnten.

PV: Wir können eine Stelle nur einmal besetzen.

Der RA verweist gezielt auf Stellenausschreibungen mit Nennung der Stellenausschreibungsdaten und der Eignung der Kl.

PV: Diese Stellen stehen nicht mehr zur Verfügung. Das Anforderungsprofil und den Tätigkeitsschwerpunkt kann der Arbeitgeber nach freiem Ermessen festlegen.

Die RI fasst die Vorträge für das Protokoll zusammen und merkt an, dass bei Stellenbesetzungen ggf. eine Sozialauswahl hätte gemacht werden müssen.

PV verweist erneut auf den Ermessenspielraum des Arbeitsgebers und dies wurde korrekt durchgeführt. Dies wurde mehrfach schriftsatzlich ausführlich Vorgetragen. Zur Bekräftigung seines Vortrages stellt er dies als Tatsache unstrittig.

RI: Die Kl bestreitet dies.

RA: Das Tätigkeiten entfallen sind, ist unstrittig. Aber das die Tätigkeit der Mandantin entfallen sind und das Herunterbrechen auf den einzelnen Arbeitsplatz fehlt. Darauf wurde nie eingegangen.

PV verallgemeinert, ohne auf den Wegfall des einzelnen Arbeitsplatzes einzugehen. Er zeigt die besondere Schwierigkeit bei komplexen Abläufen und den enormen Aufwand zur Erfüllung dieser Anforderung auf.

RI macht deutlich, das durch das Fehlen dieses, der Aufgabenentfall für die Kammer nicht nachvollziehbar sei. Dies habe auch die Kl vorgetragen.

RA fragt nach, was mit den Eigenanzeigen sei. Diese Aufgabe sei nicht erläutert worden.

RI fragt ob es hier eine Einigungsmöglichkeit gibt, ohne auf die Eigenanzeigen einzugehen.

RA Ja, Monika R. hat bereits unterschiedliche Tätigkeiten ausgeführt und würde auch andere Tätigkeiten übernehmen.

RI an Bekl: Ob es freie Stelle gibt?

PV: Nein. Nach der vorliegenden BR-Information gibt es bis ins nächste Jahr keine freie Stellen. Er weist auf die fehlenden Qualifikationen hin und der Möglichkeit diese in der Beschäftigungsgesellschaft zu erwerben. Ein schöner mehrfach wiederholter Monolog beginnt, der nur durch das Lacher der Zuhörer und der Ermahnung unterbrochen wird.

Nach Beendigung der AutoVision-Lobpreisung weist die RI auf den Weiterbeschäftigungsantrag hin. Was die Bekl im Falle macht, wenn diesem Entsprochen wird und der daraus gegebenen Vollstreckbarkeit. Nach einer Stille protokolliert die RI eine strittige Entscheidung mit Entscheidungsverkündigung am Sitzungsende.

Weiter um 13:10 Uhr mit Angelika K.. Die Daten und Anträge werden unter Bezug der vorher Protokollierten erfasst. Es geht um eine Umverteilung der Tätigkeiten in der Redaktion Satzgitter. Eine 37 Std.- Stelle soll auf andere umverteilt worden sein. Zusätzlich sind mehrer 400,- € -Kräfte eingeplant.

PV: Durch die Umverteilung entsteht keine Mehrarbeit. Diese Aussage ist der RI zu dünn und fragt gezielt nach der Notwendigkeit der 400 € - Kräfte.

PV: 400 € - Kräfte sind nicht vergleichbar mit einer Vollzeitkraft, die ständig Vorgehalten werden muss. Die 400 € - Kräfte dienen der Spitzenbedarfsabdeckung und dem flexiblen Einsatz.

Mit den Schriftsätzen wurde eine Zeitverteilung vorgelegt. Diese lässt sich die Kammer erläutern. Ein schönes Diagramm, das alles aussagt. Der Zeitbedarf wurde in Gifhorn ermittelt. Nach diesen Erklärungen sind anscheinend alle offene Punkte der Kammer ausgeräumt und die Urteilsverkündung wird wie schon mehrfach gehabt protokolliert.

Beim Aufruf von Gisela D. um 13:25 ist wieder eine EV mit dabei. Es wird wieder zuerst die Hauptsache verhandelt. Anträge wie gehabt. Bekl mit Klageabweisung und der Wiederklage zur Weiterbeschäftigung. Die Widerklage vom 27.5,2005 wird zurückgenommen und auf den Weiterbeschäftigungsantrag der Kl bezogen. Es handelt sich hier um den gleichen Vorgang wie zuvor, nur ist hier die Redaktion in Helmstedt betroffen.

PV zeigt die Perspektivlosigkeit im Falle einer positiven Gerichtsentscheidung auf. Der Stellenbau ist beschlossen und wird umgesetzt. Weiter Kündigungen erfolgen zwangsweise. Unverständlicher Weise wurde eine angebotene Stelle nicht angenommen.

Gisela: Die Stellenausschreibung war befristet unter einem halben Jahr und umfasste nur 15 Wochenstunden. Im übrigen seien die Tätigkeiten in der Redaktion nicht entfallen.

Nachdem eine Vergleichbarkeit der Redaktionen auch in den Schriftsätzen gegeben ist, wird eine strittige Entscheidung am Sitzungsende protokolliert, nachdem eine gütliche Einigung abgelehnt wurde.

Aufruf zur Urteilsverkündigung im der Sache 5 Ca 77/05 (= Gisela D.) um 14:10. Der Klage wird stattgegeben. Weiterbeschäftigung bis Ende des Rechtsstreits. Die Bekl trägt die Kosten.

Es folgt eine mündliche Erläuterung der Urteils und die Rücknahme des Verfügungsantrages 5 GA 6/05, wie zuvor bei Maik B. (5 Ca 125/05 / 5 Ga 7/05).

Nach der Protokollierung der Verkündigung zieht sich die Kammer erneut zur Beratung der heutigen Termine zurück.

Die Beratungsphase ist um 14:45 beendet und nach Aufruf, Prüfung der Anwesenheit der Kl und Herstellung der Öffentlichkeit werden die Urteile zu den Verfahren 5 Ca 72/05 (Angelika K.), 5 Ca 76/05 (Thomas D.), 5 Ca 66/05 (Monika R.) und 5 Ca 60/05 (Sven M.) verkündet. Bei allen wird der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Weiterbeschäftigung bis zum Ende des Rechtsstreits. Die Kosten trägt die Bekl. Der Streitwert wird mit 14,xxx,xx €; 15,xxx,xx €, 9,xxx,xx € und 17,xxx,xx € festgesetzt. Nach einer kurzen Begründung für jedes ergangene Urteil ist der heutige Sitzstag mit der Protokollierung der Urteile beendet.
(WB)

Zusammengefasst (10 Kündigungsschutzklagen / 2 Einstweilige Verfügungen):

6 Entscheidungen durch die Kl gewonnen.

2 Vergleiche mit Widerruf

1 Ruhendes Verfahren

3 Rücknahmen der Antrage, davon 2 Einstweilige Verfügungen auf Weiterbeschäftigung

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