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erstellt von Wolfram Polar zuletzt verändert: 18.08.2008 11:29
02.08.2005 10:30

Termin 02.08.05, 10:30 Uhr: Kammertermin – Betriebsbedingte Kündigungen

RIin Frau Steinke mit den ehrenamtlichen RI Hr. J. Brase und Hr. J. Schuster, 5. Kammer, Sitzungssaal D, ArbG BS

PV/Bekl Dr. Johannes Weberling mit Hr. Teschke (Personal und Recht) für Braunschweiger Zeitungsverlag - Druckhaus A. Limbach GmbH & Co. KG ./. PV/Kl RA Nikolas Koch mit Maik B. Aktenzeichen: 5 Ca 125/05 und 5 Ga 7/05, Thomas D. Aktenzeichen: 5 Ca 76/05, Yvonne S. Aktenzeichen: 5 Ca 71/05, Sven M. Aktenzeichen: 5 Ca 60/05, zeitweise 45 Zuhörer im Saal bei den heutigen Kammertermine bis 14:50

Um 10:45 ist die Beratungsphase der Kammer beendet. Es wird Maik B. aufgerufen und die RI stellt die Frage ob erst mit der Hauptsacheverfahren begonnen werden soll. Das Verfügungsverfahren wird nach Zustimmung nachrangig behandelt. Die Personenfeststellung für das Protokoll werden aufgenommen und die Feststellung getroffen, dass jede Menge Anträge vorliegen. Der letzte Bekl-Schriftsatz vom 29.07. wird angesprochen. RI übergibt den Schriftsatz und sucht weiter nach einer Durchschrift. Nachdem auch dieser gefunden und dem Kl übergeben wurde, wird der Antrag auf Weiterbeschäftigung angesprochen. Dies ist mit „zu den derzeitigen Bedingungen“ recht allgemein gehalten. Vorschlag der RI ist ein Bezug auf den Arbeitsvertrag als Anlage B1 von einem PV-Schriftsatz mit erweitertem Direktionsrecht vom 22.5.1991 bezug zu nehmen. Der nächste Antrag wird Hilfsweise gestellt und in Bezug mit dem Ersten, der Ungültigkeit der Kündigung. Die Bekl stellt den Antrag der Abweisung der Klage. Die Anträge werden protokolliert, vorgespielt und genehmigt. Doch der PV stellt richtig, dass der Antrag der Wiederklage auf die Weiterbeschäftigung bezieht. Protokoll wird entsprechend richtiggestellt. Die Kammer hat aus den Schriftsätzen, noch Fragen zu der Vereinbarung mit der MSC – Medien Service Cottbus GmbH. Dies, obwohl der Bekl per richterlichen Auflage entsprechenden Aufklärungsbedarf aufgegeben wurde.

Der RA weist auf zusätzliche Tätigkeiten, die nicht durch die MSC durchgeführt werden hin, die sein Mandant ausführt.

Der PV zieht sich bei diesem Vortrag darauf zurück, das er nur das sagen könne, was schriftlich bereits Vorgetragen worden sei.

Mit dieser banalen Erklärung gibt sich die RI nicht zufrieden und fragt gezielt nach, wer die Fremdaufträge den erledigt?

PV Dr. Weberling: „Möchte ich auch gerne wissen.“

Die RI blättert in den Schriftsätzen und zitiert Passagen mit den genannten Aufträgen.

PV versucht dies mit der Erklärung, dass es sich hier um Druckaufträge handelt die nichts mit der Druckvorstufe zu tun haben. Die Vorlagen werden druckfertig vom Kunden angeliefert.

Der RA widerspricht dieser jetzigen Erklärung mit dem Hinweis, dass die Bekl selbst die Aufgabenstellung des Leitstandes vorgetragen und die Aufträge genannt hat.

PV: Dies ist eine Auswirkung der Vereinfachung durch die unternehmerische Entscheidung, dass die Druckvorlagen komplett auf die Platten geliefert.

RI: Keine Nacharbeiten erforderlich?

PV: Nur in Problemfällen und dies ist Aufgabe des Leitstandes.

RA: Wir haben die Tätigkeiten und Aufgaben detailliert vorgetragen. Darauf wurde nicht eingegangen.

PV: Wir können nur das Wiedergeben was uns mitgeteilt wird

RA: Aus der Dienstleistungsvereinbarung mit MCS ist die Aufgabenübernahme nicht erkennbar.

PV: Die Tätigkeitsübersicht ist über dem Betriebsrat erfolgt. Der Anzeigensatz ist geschlossen.

RA: Es sind nur Teilaufgaben entfallen. Die gesamte Darstellung hängt daran, dass Sie die Aufgabenbereiche getrennt betrachten wollen. Auf die Resttätigkeiten sind Sie nicht eingegangen.

RI: Dies ist die Sache mit dem Vertrag. Gibt es Einigungsmöglichkeiten?

PV: Sozialplan und AutoVison (=Beschäftigungsgesellschaft) mit dem Qualifizierungsangebot

RA: Kennen wir schon. Gibt es eine Rückkehrmöglichkeit bei entsprechender Qualifizierung durch die AutoVision?

PV: Es gibt viele Optionen, nur manche sind nicht mehr möglich z.B. die Stellenbesetzungen bei der MSC.

RA: Das Unternehmen schreibt laufend Stellen aus. Bei dem derzeitigen Risiko der Prozesse sollte die Möglichkeit genutzt werden, diese mit diesem Personenkreis zu besetzen, auch wenn eine Zusatzqualifizierung erforderlich ist.

PV knapp: Es gibt keine Möglichkeiten

RA Koch: Auch im Bereich der Anzeigenverwaltung sind Anforderungen nachlernbar.

PV: Wir können nur Zusagen machen, die wir auch einhalten können. Herr Maik B. kann derzeit nicht Beschäftigt werden. Habe nur Vollmacht zur Verlängerung der Kündigungsfristen und Aufstockung der Abfindungszahlungen. Wir verlieren die Fälle nicht, weil die Arbeitsplätze da sind, sondern weil wir Fehler gemacht haben. Diese werden korrigiert und danach erneut gekündigt.

RI: Gibt es einen Möglichkeit der Einigung auf Beendigung?

RA: Nein, nicht auf dieser Basis

RI: Eine andere Idee?

PV: Nein, außer Abfindung erhöhen und Ausscheidungstermin nach hinten schieben. Das sind die Stellschrauben, wo wir was machen können.

RA: Wenn ich an das LAG denke, stelle ich nicht nur jetzt, sonder auch das LAG die Frage, warum die Zeit nicht genützt wurde zur Qualifizierung.

PV: Qualifizierung geht nur in der Beschäftigungsgesellschaft

RA: Berufsnotwendige Qualifizierung durch die öffentliche Hand erfolgen zulassen und dann noch hohe Anforderungen stellen, das passt nicht zusammen. Es ist keine vorausschauende Personalentwicklungsplanung der Bekl erkennbar.

PV: Solche teueren Abteilungen kann sich VW leisten, aber nicht die Bekl.
(Anmerkung: Jetzt eine Runde Mitleid bitte)

RI: Fasst den Dialog zusammen für das Protokoll und verkündet eine Entscheidung am Schluss der Sitzung. Es erfolgt nun ein Wechsel zur Weiterbeschäftigungsverfügung 5 Ga 7/05. Die RI hat mit der späten Antragstellung ihre Probleme und der Überschneidung mit dem Weiterbeschäftigungsantrag im Hauptsacheverfahren.

Der RA erklärt sie späte Antragstellung mit dem Abwarten einer LAG-Entscheidung in einem Parallelverfahren, um unnötige Kosten und Aufwand zu vermeiden.

PV versucht durch den Einwurf des Verwirkens des Verfügungsgrundes eine Weiterbeschäftigungsverfügung bis zum Ende des Rechtstreites zu verhindern.

Die Richterin bietet zur Vermeidung einer strittigen Entscheidung der Verfügung die Möglichkeit der vorgezogenen Beratung für die Hauptsache an. Die Parteien nehmen dies an.

Nun wird aber die Verhandlung nicht zur Beratung unterbrochen, sondern um 11:20 Uhr wird zuerst Sven M. aufgerufen und nach weiteren Klärungen wegen der Aufgabengleichheit / Tätigkeitsfeldübereinstimmung mit Mail B. bzw. Sven M. auch Yvonne S.

Personenfeststellung und Prüfung der Anträge. Hier mit der Besonderheit von drei Zwangsanträgen wegen ausstehenden Zahlungen nebst Verzinsung. Als Hauptanträge die Feststellung dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung im Januar 2005 nicht beendet wurde und die Weiterbeschäftigung. Hilfsweise der Antrag der Wiedereinstellung im Falle der Ablehnung des 1. Antrages. Die Bekl. beantragt die übliche Klageabweisung. Der Widerklageantrag der Bekl wird zurückgenommen. Dies alles wird Protokolliert, vorgespielt und genehmigt.

RA: Der Schriftsatz vom 27.7.2005 für Sven M. liegt ihm nicht vor. Die RI protokolliert diese Erklärung.

PV regt an eine ihm erteilte Erläuterung von Hr. Teschke zu Protokoll zu nehmen. Es werden komplette Seitenaufträge angeliefert, um unmittelbar Druckplatten zu belichteten. Grob fehlerhafte Daten werden an den Kunden zurückgesendet. Kleine Fehler werden korrigiert.

Sven: Dies ist der Plan. Der Ablauf ist ganz ein anderer. In der Bedienung der Solvero von Beginn an eingebunden und als erster umfassend Ausgebildet. Die Aufgaben mit Hr. G. geteilt. Dies geschah wegen dem Sichtbetrieb. Selbstständig ist eine Urlaubs- und Vertretungsregelung praktiziert worden. Diese Bedienungsaufgabe ist nicht entfallen, ebenso die Bedienung der Asrua.

PV: Diese Aufgaben sind an MSC übergegangen

Sven: Nur 10 % der Aufgaben werden von MSC ausgeführt, dies betrifft die Aufgaben der Tagesproduktion im Zeitungsbereich. Die Auftragsbearbeitung vom Fremdaufträgen sind mehr als 90 % der Solvero-Aktivitäten.

RI unterbricht mit der Feststellung und der Protokollierung, dass eine Entscheidung am Ende der Sitzung erfolgt und wechseln nun den Focus auf Yvonne S.

RA: Yvonne wurde in einem befreundeten Unternehmen des Braunschweiger Zeitungsverlages im Pressehaus inzwischen beschäftigt. Sie will keine Belastung dieses Arbeitsverhältnisses. Es ist aber die vereinbarte Probezeit noch nicht ausgelaufen und damit die Gefahr einer Kündigung innerhalb der Probezeit gegeben. Zumal es Gespräche über das Arbeitsverhältnis gegeben haben soll. Vorschlag sei ein Aussetzten des Verfahrens bis zum Ablauf der Probezeit.
(Anmerkung: Aus diesem und weiteren Dialogen im Kammertermin kann entnommen werden, dass anscheinend irgendwie versucht wurde, dass die Kündigungsschutzklage durch die Kl zurückgezogen werden soll.)

PV Wir haben ihr diese Stelle vermittelt und es besteht kein Interesse diese durch Einwirkungen zu belasten.

Yvonne widerspricht dieser Darstellung. Die Anstellung ist durch Eigeninitiative erfolgt, zumal die Stelle bereits seit Dezember 2004 vakant war.

Jetzt greift die RI in den Ablauf ein, zumal die Diskussion durch einen langen Vortrag vom PV der Bekl über die besondere Unterstützung der Geschäftsführung und die freundschaftliche Verbundenheit erst diese Stellenbesetzung ermöglich haben soll, voll an der Sache vorbei sei.

Aber der PV setzt nach, mit der Bemerkung, dass Yvonne mit ihrer Qualifikation keine Möglichkeit gehabt hätte. Der Geschäftsführer ist unserer Empfehlung gefolgt. Die Kl soll nur die Versuche unterlassen, das alte Arbeitsverhältnis negativ zu belasten.

Diese Anmerkung löste eine erneute Diskussion aus über Ursachen und wer wann wen angesprochen hat. Doch die RI beendet diese mit der Protokollierung, dass eine Entscheidung am Ende des Sitzungstages erfolgt. Es werden die Daten des neuen Beschäftigungsverhältnisses vorgetragen. Die Kl ist seit dem 16.5.2005 in einem neuen Arbeitsverhältnis und es werden heute keine Anträge gestellt werden. Das Verfahren ruht – jetzt die Frage wie lange.

RA: Probezeit bis 15.11.2005 und spricht PV zur Bestätigung an. Kurze Klärung aller Beteiligten, da Arbeitsaufnahme am 15.5.2005 sein sollte, dies aber ein Feiertag war und in der Gehaltsabrechnung der 16.5 als erster Arbeitstag steht.
(Anmerkung: Manchmal fragt man sich als Zuhörer, ob eine 24 Stunden Differenz eine mehr als 5 Minuten dauernde Analyse rechtfertigen – zumal wie an diesem Fall es z.B. kein Fristablauf oder Verjährung abhängig ist.) Jetzt wechselt die RI wieder zu Maik B. zurück und nimmt zu Protokoll, dass das Urteil auch am Ende der Sitzung verkündet wird. Es werden nun weitere Kl aus der Druckvorstufe gesucht und um 11:45 Uhr wird Thomas D. (5 Ca 76/05) aufgerufen. Die Parteidaten werden protokolliert und die Anträge werden für die Protokollierung aufbereitet. Es sind nur drei Anträge incl. Hilfsantrag. Diese werden aufgenommen, vorgespielt und genehmigt. Die Bekl beantragt die übliche Klageabweisung.

Die RI beginnt mit Sachvortrag und stellt aus den Schriftsätzen unstrittig fest, dass die Plattenbelichtung noch vorhanden ist und nicht an MSC übergegangen ist. Diese Tätigkeit ist an die Schichtführer übertragen worden. Die Aufgaben sind nicht entfallen und die Richtigkeit der Information an den Betriebsrat wird bestritten.

PV: Dies haben wir dem BR umfassend vorgetragen. Es sind Nebentätigkeiten. Die Plattenkopie ist ausgelagert und der Kl könne diese Tätigkeiten nicht ausführen. Außerdem ist der BR selbst in der Lage und hat die Kenntnis, das diese Aufgaben entfallen ist. Er ist von Anfang an eingebunden. Der Betriebrat musste gar nicht bis in die Tiefe informiert werden.

RA: Genau diese Tätigkeiten hat der Kl in der Abteilung ausgeführt.

PV: Plattenbelichtung sind nicht alle Tätigkeiten des Leitstandes. Es fehlen die entsprechenden weiteren Qualifikationen.

RI: Dies ist aber ein anderer Grund als die Verlagerung zu einem Dienstleister.

PV Die Geschäftsführung hat so beschlossen. Der Arbeitsplatz ist entfallen. Restarbeiten sind an andere Übertragen worden. Der Arbeitsplatz ist entfallen. Es liegt eine unternehmerische Entscheidung vor. Die Aufgaben wurden an einen Dienstleister übertragen.

Die RI zitiert aus den Schriftsätzen und der Betriebsratsinformation. Zeigt unterschiedliche Darstellungen auf. Der PV verweist auf einen seiner Schriftsätze an das Gericht, wo dieser Sachverhalt ausführlich dargestellt sei. Die RI kann dies aber nicht finden und fragt, wo dieser Vortrag, denn in der BR-Anhörung sei.

Auch RA Koch blättert in seinen Unterlagen und kann den Absatz bzw. Vortrag nicht finden und resümiert: Der Platz ist Ersatzlos entfallen, dies ist der einzig ständig wiederholende Sachvortrag. Das Herunterbrechen ist nicht erfolgt.

Die RI protokolliert das die Rechts- und Sachlage erörtert wurde und eine Entscheidung am Ende des Sitzungstages ergeht. Die Kammer steht um 11:55 Uhr auf und geht zur Beratung.

Aufruf zur Urteilsverkündung von 5 Ca 125/05 Mail B. um 12:15 Uhr. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung vom 26.1.2005 nicht beendet worden – Kündigungsschutzklage gewonnen. Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung bis zum Ende des Rechtsstreites. Kosten des Rechtsstreits trägt die Bekl.

Es folgt eine kurze mündliche Begründung des Urteils. Dort wird u.a. die Nachvollziehbarkeit des Entfalls des Arbeitsplatzes angeführt, zumal satztechnische Aufgaben vorhanden sind. Der Kl hat dargelegt, das diese Tätigkeiten vorhanden sind. Die Plattenbearbeitung ist nicht komplett auf einen Dienstleister übertragen worden. Das Tool Solvero und weitere werden weiter genutzt. Es gibt einen weitgefassten Arbeitsvertrag und eine Beschäftigung im Betrieb ist möglich.

Die Verkündung des Urteils und der mündlichen Begründung wird für das Protokoll in das Bandgerät diktiert. Setzt jetzt mit dem Verfügungsantrag fort.

RA erklärt die Rücknahme des Kl-Antrages auf einstweilige Verfügung (5 Ga 7/05)
(Anmerkung: Ist durch das ergangene Urteil gegenstandslos geworden.)

Dies wird protokolliert und der Streitwert wird mit einem halben Monatsgehalt festgesetzt. Das halbe Monatsgehalt deshalb, weil der Antrag zurückgezogen wurde, sonst wird ein Monatsgehalt zugrundegelegt. Die Kammer geht erneut in das Beratungszimmer, um die weiteren Termine vorzubereiten.
(WB)

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