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Wie erreichte man das Ziel?

erstellt von valter zuletzt verändert: 02.04.2012 19:18
Den Weg wiesen Sonne und Sterne viele hundert Jahre vor der Generation mit Satelliten-Navigation mit GPS oder Galilei. Die Orientierung nach Sternen funktioniert mit Karten und Globen, mit Zeitmessgeräten und vor allem dem viele Jahrhunderte gebräuchlichen Instrument für die Wegfindung, dem Astrolab, von dem im Germanischen Nationalmuseum (GNM) in Nürnberg einige repräsentative Exemplare ausgestellt sind.

Zum Ziel leiten heute durch Satelliten gestützte Navigationssysteme, die den Kauffahrer und Wanderer früherer Zeiten nicht zur Verfügung standen. Sie bedienten sich bei der Orientierung und Zeitmessung der Lage der Sterne und benutzten dabei heute kaum noch bekannte Instrumente wie das Astrolabium.

Kartenausschnitt eines Navigationssystems

Die Kenntnis vom Astrolab hat in der Geschichte auch einen langen Weg hinter sich. Im 2.Jahrhundert vor Christus, evtl. schon im 4.Jh.v.Chr. sollen Hipparch und Ptolemaios (1) bereits einen Astrolab gekannt und damit navigiert haben. Leider sind heute keine Originale aus dieser Zeit mehr vorhanden. Das Astrolab wurde danach vor allem im arabisch-persischen Raum populär und kam erst im Mittelalter wahrscheinlich mit maurischen Kontakten wieder nach Europa, wie in Bildern in der Unibibliothek Istanbul (5) zu sehen ist.

Schedelsche Weltchronik: Regiomontanus mit Astrolab

Der am Bodensee tätige Astronom Hermannus Contractus 1013 - 1154 (2), liefert eine Anleitung zur Bedienung eines Astrolab. Ein bemerkenswertes Bild aus dem 13. Jahrhundert zeigt 3 Gelehrte mit einem Astrolab (4). Eine spätere Darstellung aus Persien hat die Unibibliothek in Istanbul (5) in einem Manuskript von 1418. Mehrere Gelehrte sind in einer Moschee bei ihrer Arbeit in einem Observatorium mit einem am Boden liegenden Astrolab zu sehen.

Europa in alten Karten, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 2006: Vespucci mit Astrolab

Abgebildet ist ein Idealbild des Astronomen Johannes Regiomontan (Bild 1) mit einem Astrolab in der zur Sammlung des GNM gehörenden Schedelschen Weltchronik von 1493 (6) zu nennen. Regiomontanus entwickelte im fränkischen Königsberg das Kugelmodell der Planten nach Kopernikus weiter. Aus der flächigen Dartellung der Sterne im Astrolab entwickelte der Mathematiker seine Sicht in 3 Dimensionen, wie es Galilei noch nicht durfte. Zur Zeit von Regiomontan wurden Astrolabien als Navigationsinstument der Kauffahrer des Mittelalters neben Karten und Zeitmessern benutzt, um ihre Handelswege zu finden. Mit einem Astrolab war auch der Florentiner Seefahrer Americus Vespuccius (Bild 2) bei seinen Entdeckungen ausgestattet, vergl. Literatur 16 mit im Internet angebotenen Bildern (7).

Wie schon vielfältig, beispielsweise von Dr. Stautz in einem Buch des Deutschen Museum in München (8) beschrieben, bestand das Wesen der durchaus unterschiedlich gestalteten und verschieden fein ausgearbeiteten Astrolabien in der Kombination von Tabellen und Messgerät auf zwei Seiten einer runden Scheibe. Die Scheibe dient auf einer Seite zur vereinfachten Projektion des Himmels mit seinen Sternen im Jahreslauf und auf der anderen Seite die Darstellung der Position der Sterne einschließlich Sonne nach Tageszeit.

Astrolab Regiomontanus, Nürnberg, 1468

Die Vereinfachung des Himmelsglobus in einer zweidimensionale Ansicht ist zugleich der Trick der Konzentration auf das Wesentliche, das Reisende zur Orientierung benötigen. Die Reduktion auf eine Fläche ist nicht mit der vereinfachten Ptolemäischen Weltdarstellung zu verwechseln, die lange Jahre das Wissen um die Erde blockierte, weil sie nicht in das Weltbild der Kirche zu passen schien.

Abgebildet ist der aus Messing bestehende, gravierte und punzierte Astrolab von Georg Hartmann, Nürnberg, 1532, mit Kennbuchstabe B, Inv.Nr.WI 354 (9).

Rückseite Astrolab Georg Hartmann, Nürnberg, 1532

Das Komplizierte der Scheibendarstellung ist eine Ansicht aus einer externen Position auf die torkelnde Himmelsscheibe, auf der die Tageszeiten einer exzentrischen Erdachse ungleichmäßig verteilt ablesbar sind.

Gleichzeitig kann mit der lotrecht hängenden Scheibe und einem Zeiger ein Winkel zwischen der horizontalen Position und einem Stern oder der Sonne bestimmt werden. Diese Zeigermessung ist noch etwas ungenau und wurde bald mit den in der Seefahrt besser bekannten Sextanten (auch Sixtant) (10) optimiert.

Karte auf Astrolab - Habermehl Boehmen 1575

Der Ausgestaltung der Basisteile und Einlegescheiben für die jeweilige Breitengrade waren keine Grenzen gesetzt. So finden sich auf der Mater eines unvollständigen Böhmischen Astrolab von Habermehl 1575 (Inv.Nr. WI 138) Zusätze mit allegorischen Bildern und eine Landkarte aus Mitteleuropa, zweifellos eine Ergänzung mit Informationen für die lokale Verwendung dieses Instrumentes. Auf einem anderen im GNM ausgestellten Astrolab, Inv. Nr. WI 1809 hat der Prager Uhrmacher und Austronom Erasmus Habermehl eine Sonnenuhr eingravieren lassen. Damit war mit demselben Instrument eine Kontrollmessung der mit dem Astrolab bestimmten Zeit möglich.

Auch wenn Astrolabien heute zur Navigation nicht mehr in Gebrauch sind, sind sie mit allen Zusätzen von Interesse für den Betrachter, der darauf schließen will, wie sich Reisende früher orientiert haben. Haben doch alle Reisemittel, wie auch der Globus von Martin Behaim (12) nur den einen Zweck an ein Ziel zu kommen, was selbst modernsten Reisemitteln nicht immer gelingt.

Astrolabien wurden sehr ausführlich in der Literatur (13) beschrieben und sind bis heute Gegenstand von Ausstellungen astronomioscher Instrumente, wie in der Universität Hamburg durch Prof Wolfschmidt (14), ebenso in Band 3 (2010): Astronomie in Nürnberg (15) nachzulesen ist.

Die frühere Bedeutung dieser Meßgeräte ist durch moderne Geräte zwar verdrängt. In der Sammlung des Germanischen Nationalmuseums haben Astrolabien neben dem Behaim Globus und dem Nürnberger Ei, der Taschenuhr von Peter Henlein, ihren Stellenwert als die viele Jahrhunderte verwendeten Geräte zur Orientierung nach Sonne und Sternen. Dieser Aufsatz ist für Besucher gedacht, die sich nicht durch die vielen bereits bestehenden Veröffentlichungen arbeiten wollen und nur einen Überblick suchen.

Autor: Volker Anders, Dipl.-Physiker, Nürnberg

Fundstellen:

  1. Görz, DAS ASTROLAB, Informatik-Sammlung der FAU-Erlangen J+GG - Copyright © 2001 ISER/Inf.8, letzte Änderung 04/03/09
  2. Hermannus Contractus Augiensis (1013-1054) Astronomie DE MENSURA ASTROLABII LIBER, DE UTILITATIBUS ASTROLABII LIBRI DUO
  3. HERMANNI CONTRACTI MONACHI AUGIENSIS DE MENSURA ASTROLABII LIBER Beschreibung des Astrolabs
  4. Psautier de saint Louis et de Blanche de Castille, BNF Paris, ms. 1186 res, fol. 1v
  5. Miniatur : Pendel in Moschee, die Astronomieschüler mit ihrem Lehrer beim Ablesen von Messwerten an einem Astrolabium. 15. Jahrhundert. Persisches Manuskript Nummer 1418 in der Universitätsbibliothek Istanbul
  6. Bild 1: Hartmann Schedel Weltchronik, Das sechst alter der Welt, Blat CCLV im Germanisches Nationalmuseum Stiftung des öffentlichen Rechts; Kartäusergasse 1; D-90402 Nürnberg
  7. National Maritime Museum / Collections Americus Vespuccius, cum quattuor. Stellis crucem silente nocte repperit. Also a portrait Aligerius Danthes
  8. Burkhard Stautz, Die Astrolabiensammlungen des Deutschen Museums und des Bayerischen Nationalmuseums, München: Oldenbourg, 1999, ISBN 3-486-26479-6
  9. Bild 2 und 3: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Schausammlung Meßgeräte, Astrolabien, Inv. Nr. WI 5, Astrolab Regiomontanus, WI 354, Rückseite des Astrolab von Georg Hartmann, Nürnberg, 1532, mit Kennbuchstabe B
  10. Wikimedia Foundation Inc.: Sextant
  11. Bild 4: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Schausammlung Meßgeräte, Astrolabien, Inv. Nr. WI 138, unvollständiges Böhmisches Astrolab von Habermehl 1575
  12. Behaim Globus in der Schausammlung des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg
  13. Zinner, Ernst: Deutsche und niederländische astronomische Instrumente des 11.-18. Jahrhunderts. Nachdruck der 2.ten Aufl., München: Beck 1979 im Quellenverzeichnis Nr. 51
  14. Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt, Sterne weisen den Weg - Geschichte der Navigation, FB Mathematik, Fakultät fuer Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN), Universität Hamburg
  15. Wolfschmidt, Gudrun (Hg.) Band 3 (2010) Astronomie in Nürnberg, Hamburg, tredition science, ISBN 978-3-86850-609-9
  16. Europas Weltbild in alten Karten, Ausstellung der Herzog August Bibliothek, Katalog Nr. 85, Wolfenbüttel 2006
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