Sorgen ums Schienenwerk

Willi Mohrs
120-Meter-Schienen auf einem Zug.
120-Meter-Schienen auf einem Zug.
Foto: WAZ

Duisburg. Schienen in allen Formen und Längen, nagelneu oder leicht angerostet: Voll war das Lager des Schienenwerks TSTG gestern Mittag, aber menschenleer. Die komplette Belegschaft stand vor der Verwaltung des Unternehmens, getrieben von Sorge um den Arbeitsplatz und vom Zorn auf die Firmenleitung.

„Wir sind belogen worden“, donnert Arbeitnehmervertreter Heinz-Georg Mesaros ins Megafon: „Es ist eine absolute Katastrophe. Seit einem Jahr eiern wir hier rum.“

Was ist geschehen? Vor zwölf Monaten flog auf, dass Schienenhersteller Preise abgesprochen hatten, zum Schaden großer Kunden wie der Deutschen Bahn. Die Folge: Aufträge blieben aus, fast ein ganzes Jahr habe man kurzarbeiten müssen in Bruckhausen, so IG-Metall-Sekretär Dieter Lieske. Die Aussichten: „Die Beschäftigung von Januar bis März ist in keinster Weise sichergestellt“, so Mesaros.

Betriebsbedingte Kündigungen

Dabei hatte man sich bei TSTG schon auf einen Sozialplan verständigt, mit dem die Belegschaft von 480 auf 385 Mitarbeiter verkleinert werden sollte. Doch dieser sozialverträgliche Job-Abbau sei ins Stocken geraten, klagt Lieske und sieht auf Seiten der Unternehmensleitung „ein Stück Unvermögen“. Nun werde mit betriebsbedingten Kündigungen gedroht. „Wir werden hier abgefrühstückt“, fürchtet Wilfried Döhler, Arbeitnehmervertreter im TSTG-Aufsichtsrat.

Große Sorge

300.000 Tonnen Schienen könnte TSTG pro Jahr produzieren, momentan sicher fürs nächste Geschäftsjahr sind nach Einschätzung der IG Metall 105.000 Tonnen. 270.000 Tonnen müssten in den Auftragsbüchern stehen, um den Standort Bruckhausen nachhaltig zu sichern.

In der Belegschaft geht indes die große Sorge um, dass der TSTG-Mutterkonzern Voest-Alpine lieber seine Anlagen im Heimatland Österreich auslastet als die im Duisburger Norden. Voest hatte das Schienenwerk vor zehn Jahren von Thyssen übernommen, als sich der deutsche Stahlkonzern auf Flachprodukte konzentrierte. Die Österreicher hatten zunächst kräftig investiert, unter anderem in die Fertigung von 120-Meter-Schienen, wie sie für Europas Hochgeschwindigkeitsnetze gebraucht werden.